Israelische Streitkräfte blockieren nach Angaben der UNO den Zugang zum Gazastreifen und erschweren dadurch Hilfslieferungen für die Bevölkerung in dem Kriegsgebiet. Es sei beinahe unmöglich geworden, Kranke oder Verletzte in Sicherheit zu bringen und Hilfsgüter in den Norden - und zunehmend auch in den Süden - des Palästinensergebiets zu bringen, sagte Jens Laerke, Sprecher des UN-Büro für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) vor Journalisten in Genf.
Sämtliche für den Norden des Gazastreifens bestimmte Hilfslieferungen wurden in den vergangenen Wochen demnach verhindert. Die letzte Lieferung fand der Weltgesundheitsorganastion (WHO) zufolge am 23. Januar statt. Sogar zuvor von israelischen Beamten kontrollierte LKW seien blockiert oder beschossen worden.
Siebenstündige Blockade eines Krankenkonvois
Laerke berichtete von einem Vorfall am Wochenende, bei dem ein Konvoi der WHO und des Palästinensischen Roten Halbmonds mit 24 Patienten aus dem belagerten Al-Amal-Krankenhaus in der südlichen Stadt Chan Junis sieben Stunden lang aufgehalten worden sei. "Das israelische Militär zwang Patienten und Personal aus den Krankenwagen und zog allen Sanitätern die Kleidung aus", so Laerke. Darunter seien eine Schwangere und eine Mutter mit neugeborenem Baby gewesen. Drei Sanitäter seien abgeführt worden. Einer von ihnen sei mittlerweile wieder freigelassen worden.
Die Patienten hätten schließlich auf andere Einrichtungen verteilt werden können. 31 Schwerkranke hätten aber nicht mehr transportiert werden können. Sie seien wie rund 180 Menschen, die in dem Krankenhaus Zuflucht gesucht hätten, und 45 Angehörige des Pflegepersonals zurückgeblieben. Das Krankenhaus sei durch rund 40 Angriffe innerhalb eines Monats praktisch zerstört worden. "Das ist kein Einzelfall", schilderte Laerke. "Hilfskonvois werden immer wieder beschossen und erhalten systematisch keinen Zugang zu den Menschen in Not. Humanitäre Mitarbeiter sind von israelischen Streitkräften schikaniert, eingeschüchtert, und festgenommen worden, und humanitäre Einrichtungen sind getroffen worden", erklärte er weiter.
Die israelische Armee teilte dazu auf Anfrage mit, dass es nachrichtendienstliche Hinweise darauf gegeben habe, dass sich in dem Konvoi "Terroristen" der islamistischen Hamas befunden hätten. Die Maßnahme sei "mit Blick auf die klare Beweislage" erfolgt, wonach "die Hamas systematisch Krankenhäuser sowie Krankenwagen für den Transport von Terroristen nutzt", hieß es weiter.
Ägypten fordert mehr Solidarität mit dem palästinensischen Volk
Das an den Gazastreifen grenzende Ägypten warnte indes, dass die von Israel geplante Bodenoffensive in der südlichen Stadt Rafah "katastrophale Auswirkungen" auf den Frieden im Nahen Osten haben würde und warf dem UN-Menschenrechtsrat Ignoranz vor. "Die Welt ist Zeuge der abscheulichsten Verbrechen und Verstöße gegen das palästinensische Volk", sagte der ägyptische Außenminister Samih Schukri vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf und forderte einen sofortigen Waffenstillstand. "Jede Militäraktion unter den gegenwärtigen Umständen hätte katastrophale Auswirkungen, die den Frieden in der Region gefährden würden", warnte Schukri.
Der ägyptische Chefdiplomat beklagte, dass einige der 47 Mitgliedsländer des Rates sich weigerten, die entschlossenen Maßnahmen, die in anderen Konflikten ergriffen worden waren, auch für den Gazastreifen zu ergreifen. Es werde mit zweierlei Maß gemessen, kritisierte Schukri. "Es scheint, als ob das Leben der Kinder im Gazastreifen weniger wert ist als das Leben anderer Menschen", sagte er.
Der Krieg im Gazastreifen war durch den Großangriff der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden. Die islamistische Organisation verübte dabei Gräueltaten überwiegend an Zivilisten. Israelischen Angaben zufolge wurden etwa 1160 Menschen getötet und rund 250 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt, etwa 100 dürften sich dort noch lebend befinden. Als Reaktion auf den Hamas-Angriff geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor, erklärtes Ziel ist die Vernichtung der Hamas. Nach jüngsten Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden in dem Palästinensergebiet seitdem mehr als 29.800 Menschen getötet.
Quelle: ntv.de, mes/AFP/dpa
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