"Kick". Und: "Hops" … die beiden etwas albernen Worte passen eigentlich so gar nicht zu einem seriösen Gefährt. Aber dennoch kommen sie dem Mann am Steuer an diesem verregneten Tag auf der Teststrecke Mortefontaine bei Paris unweigerlich in den Sinn. Denn dieser mehr als zwei Tonnen schwere DS7 legt tatsächlich einen kleinen Hopser hin, als der Fahrer herzhaft das Gaspedal durchtritt.
Gut so. Der Sprung nach vorn könnte schließlich Leben retten. Gilles Demaret schaut dem Fahrversuch im größten SUV der französischen Edel-Marke aus dem Stellantis-Konzern denn auch sichtlich zufrieden zu. "Der schnelle Antritt ist genau das, was unserem Fahrzeug noch einmal die Extra-Portion Sicherheit bringt", sagt der Ingenieur der Firma WELP, der das Fahrzeug umgebaut hat. Denn genau diese Sicherheit wird im Sondermodell Vauban übergroß geschrieben.
Sein etwas höheres Gewicht als die anderen Serienbrüder kommt nicht von ungefähr: Das SUV soll seine Passagiere nicht nur vor desorientierten LKW-Fahrern auf der Kreuzung oder Auffahrunfällen bei Autobahntempo schützen, auch einen Angriff mit Hammer, Pistole oder Maschinengewehr sollen die Menschen im Inneren unversehrt überstehen - und möglichst flott in die nächste Schutzzone entkommen.
Trotz Gewicht in 6,1 Sekunden von 0 auf 100
Anders als das historische Vorbild - die mehr als 100 Befestigungsanlagen des Marquis Sébastien Le Prestre de Vauban aus dem 17. Jahrhundert sind ja unbeweglich - ist der DS7 schließlich hochmobil. Die automobile Festung kann sich mit mehr als 200 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit vom Anschlagsort entfernen und - noch wichtiger - in nur 6,1 Sekunden aus dem Stand mit Tempo 100 davonrasen.
"Schnelle Entfernung vom Gefahrenort ist ein wichtiges Kriterium für den erfolgreichen Schutz der Passagiere", sagt Baptiste Brebion von DS. Darum fiel die Wahl der Franzosen zum neuesten gepanzerten Fahrzeug denn auch auf den DS7 mit seinem Antrieb aus zwei Herzen.
Neben dem 1,6-Liter-Benzinmotor mit seinen 200 PS arbeitet nämlich ein 113-PS-Elektromotor an der Hinterachse des Fahrzeugs. Und der ermöglicht dank seiner sofort zur Verfügung stehenden maximalen 320 Newtonmeter Drehmoment aus dem E-Antrieb den oben erwähnten Hops aus der Gefahrenzone.
So schnell kann sich kein anderes gepanzertes Fahrzeug befreien. Und das auch noch so behände, wie ein viel leichteres Fahrzeug dies erwarten ließe. Selbst in den engen Kurven der Teststrecke manövriert sich das 4,59 Meter lange Fahrzeug fast wie ein braver Kompaktwagen.
Mehr "Hops" als die Präsidenten-Limousine
Nicht einmal der französische Präsident hat übrigens so einen schnellen Antritt zur Verfügung: Der DS 7 Elysée von Emmanuel Macron ist schließlich wegen erheblich stärkerer (und streng geheimer) Panzerung sowie 20 Zentimeter mehr Länge deutlich schwerer, wohl über eine Tonne.
Dem Staatspräsidenten können wegen Rundumbeplankung aus schwerem Panzerstahl weder Minen, Panzerfäuste noch Raketenwerfer etwas anhaben. Der volle elektrische Extra-Kick dürfte darum allerdings etwas zurückhaltender ausfallen. So schnell muss der rollende Elysée-Palast ja auch nicht vom Fleck.
Höchste Sicherheit von WELP
Schon bei diesem ersten gepanzerten DS kooperierte die Marke mit der WELP-Gruppe - und die Zusammenarbeit inspirierte beide Seiten nun zu der Serien-Premiere von geschützten Fahrzeugen. Der deutsche Hersteller für Sonderschutzfahrzeuge panzert auch Autos wie den Cadillac Escalade, Toyotas Land-Cruiser, den Audi A8 oder den Mercedes Sprinter - allerdings immer als individuelle Lösung auf höchstem Schutzniveau.
Kürzlich hat WELP in Hérimoncourt nahe der deutschen Grenze Teile eines ehemaligen Stellantis-Werkes übernommen. Im 80 Kilometer entfernten Mulhouse baut DS die Fahrzeuge in Normalausstattung fertig und liefert sie dann dorthin zur Aufrüstung.
Sicherheit in Serie mit Schutzlevel VPAM 4
Denn vor dem Sprint aus der Gefahrenzone muss der DS7 natürlich den ersten Angriff fahrtüchtig überstehen. Und dazu panzern die Spezialisten den Wagen nach der internationalen Schutz-Klasse VPAM 4: mit Kevlar, einem 22 statt der üblichen 4 Millimeter dicken Glas, Polyethylenplatten und schwedischem Panzerstahl an neuralgischen Stellen.
Wer mit Feuerwaffen bis zur .357-Magnum auf das SUV schießt, wird darum im Inneren niemand verletzen können. Und auf Wunsch geben Sirenen, Lautsprecher und Blaulicht das Signal, die Straße zu räumen.
"Wir haben auch eine Sauerstoffflasche im Angebot, die sich hinter der Rückbank montieren lässt. Bei Tränengas-Angriff kann so im Inneren die Frischluftzufuhr gesichert bleiben", sagt Demaret. Und natürlich: Wer auch einen gegen Minen gepanzerten Boden möchte oder noch dickere Panzerglasscheiben, "dem können wir fast jede Art des Zusatzschutzes anbieten".
Bis zur höchsten Schutzklasse 7 ist alles drin. Dann bleiben Geschosse aus AK-47-Gewehren mit der Nato-Standardmunition 7,62 Millimeter ebenso draußen wie panzerbrechende Projektile solchen Kalibers. Im eigenen ballistischen Testgelände malträtieren Demarets Kollegen die Fahrzeuge regelmäßig mit derartigen Waffen.
Anvisierte Klientel: Diplomaten oder Promis
Mit solchen Sicherheits-Extras allerdings dürfte der Preis eines DS7 um ein Vielfaches über den 165.000 Euro (ohne Mehrwertsteuer) liegen, den die Franzosen für das "Basismodell" des Vauban verlangen. "Denn da müssen wir auch den Rahmen verstärken und an Achsen, Stoßdämpfern, Bremsen und der Abstimmung erhebliche Änderungen vornehmen", so Demaret. Und der Mensch am Steuer braucht zudem einen LKW-Führerschein.
Der Vauban von der Stange hingegen ist gerade einmal 164 Kilogramm schwerer als ein ganz normaler DS7 - und darum auch für die ganz gewöhnliche Kundschaft zu fahren. Genau die ist neben Sicherheitsbehörden oder Diplomaten in weniger gefährlichen Ländern eine Klientel, die mit dem Fahrzeug angesprochen werden soll. "Nicht jeder schutzbedürftige Mensch braucht ja die höchste Sicherheitsklasse", erklärt Manager Brebion - und denkt dabei etwa an die Gattinnen und Kinder prominenter Fußballspieler oder TV- und Pop-Stars, die sich gegen Kidnapping oder Raub wappnen wollen.
Was das Herz begehrt für den Innenraum
Darum auch ist der Vauban im Inneren beachtlich wohnlicher als sein Namensgeber. Die fahrende Festung lässt sich mit allen Leder-, Hifi- oder Holz-Ausstattungen ordern, die es auch in den ungepanzerten Schwestermodellen gibt. Sogar individuelle Sonderfarben oder bestickte Kopfstützen sind kein Problem - könnte ja sein, dass sich ein Spieler von Paris St.Germain die Vereinsfarben und das Logo wünscht …
"Wir sind offen für viele Sonderwünsche", verspricht Demaret. Schließlich sei WELP aus der Arbeit für Bugatti exotische Ausstattungsideen gewohnt. Nur eine Option ist im DS7 nicht zu ordern: Statt Panorama-Glasdach gibt es immer nur Stahlblech. Denn darunter liegt der Panzer aus Kevlar über den Köpfen der Passagiere. Man weiß ja nie, was so von oben auf den Vauban prallt.
Quelle: ntv.de, Peter Weißenberg, sp-x
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