Aserbaidschanische Studenten fordern Frieden im Kaukasus

  25 April 2016    Gelesen: 2913
Aserbaidschanische  Studenten fordern Frieden im Kaukasus
In der Einladung zur gemeinsamen Gedenkveranstaltung der Botschaft der Republik #Armenien, der Diözese der Armenischen Kirche in Deutschland sowie der armenischen Diaspora-Organisationen, Kultur- und Kirchgemeinden „Armenischer Völkermord: 101 Jahre Schweigen“ im Deutschen Historischen Museeum wird Deutschland gemahnt, angesichts des 101. Gedenktages „als damaliger Mitverantwortlicher für das Leid der Armenier seiner moralischen Verpflichtung nachzukommen“ und die Ereignisse von 1915 als Völkermord anzuerkennen. In dem Schreiben werden der Bundesregierung und dem Deutschen Bundestag das „101 Jahre währende Schweigen“ und die Opferung der „historischen Wahrheit (gegenüber) der Realpolitik“ vorgeworfen.

Den Vorwürfen Armeniens und der armenischen Diaspora an Deutschland bezüglich der Ereignisse vor 100 Jahren, die wohl eher Gegenstand einer historischen Untersuchung sein sollten und dem Aufruf, die (Mit-)Verantwortung anzuerkennen und sich einer Aufarbeitung zu stellen, stehen wir sehr misstrauisch gegenüber. Denn gerade Armenien, das ja behauptet, Opfer eines Völkermordes geworden zu sein, hat selbst einen Völkermord in der aserbaidschanischen Statd #Chodschali im Berg-Karabach begangen.
Im Zuge des Berg-Karabach-Konfliktes zwischen Armenien und Aserbaidschan griffen die armenischen Truppen am 26. Februar 1992 die aserbaidschanische Stadt Chodschali an, massakrierten die Zivilbevölkerung, unter der 613 Aserbaidschaner, darunter 106 Frauen und 63 Kinder, getötet wurden und machten die Stadt dem Erdboden gleich. Der heutige armenische Staatspräsident Sersch Sargsjan habe diese Gräueltaten dereinst folgendermaßen gerühmt: "Vor Chodschali glaubten die Aserbaidschaner, dass [...] die Armenier es nicht wagen würden, sich an der Zivilbevölkerung zu vergreifen. Wir haben sie eines Besseren belehrt." Mit dem Chodschali-Terror verfolgten die Armenier den Zweck, die aserbaidschanische Zivilbevölkerung in die Flucht zu treiben. (für mehr dazu siehe https://azvision.az/redirect.php?url=http://www.welt.de/kultur/history/article13886169/Das-Massaker-das-eine-Erbfeindschaft-zementierte.html).
Berg-Karabach und sieben umliegende Gebiete - insgesamt ein Fünftel des Staatsterritoriums von #Aserbaidschan- stehen heute unter völkerrechtswidriger Okkupation Armeniens. Armenien hat in diesen Gebieten ethnische und kulturelle Säuberungen vorgenommen. Eine Million Aserbaidschaner wurden im Laufe des Konflikts vertrieben. Die internationale Gemeinschaft forderte von Armenien in vier UN-Sicherheitsratsresolutionen (1993) die Beendigung der völkerrechtswidrigen Okkupation und das Ermöglichen der Rückkehr für Hunderttausende aserbaidschanische Flüchtlingen und Binnenvertriebene. Der Deutsche Bundestag forderte 2009 die Umsetzung dieser UN-Resolutionen.

Seit 1994 herrscht im Konflikt Waffenstillstand. Die Friedensverhandlungen zwischen Armenien und Aserbaidschan mit Vermittlung der Minsk-Gruppe der #OSZE blieben bisher ergebnislos. Am 2. April 2016 eskalierte die Lage entlang der Frontlinie zwischen den Streitkräften Armeniens und Aserbaidschans, was auf beiden Seiten zum Verlust dutzender Menschenleben führte. Die Gewalteskalation an der Karabach-Front zeigte deutlich, dass der Konflikt alles andere als «eingefroren» ist und jederzeit wieder ausbrechen kann.
Armenien sollte jetzt, statt die Ereignisse von vor 100 Jahren auf der internationalen Bühne zu eigenen propagandistischen Zwecken zu missbrauchen, sich vielmehr seiner eigenen Verantwortung für das Leid der Aserbaidschaner stellen und damit auf Frieden und Versöhnung setzen. Denn die seit 25 Jahren andauernde Besetzung, ethnische und kulturelle Säuberungen der aserbaidschanischen Gebiete sowie die armenischen Verbrechen in Chodschali haben sich tief in das kollektive Bewusstsein des aserbaidschanischen Volkes eingebrannt. Mit der Anerkennung dieser Verantwortung und friedensstiftenden politischen Schritten (Abzug der Truppen aus den besetzten Gebieten und Gewährleistung des verletzten Heimatrechts hunderttausender vertriebener Aserbaidschaner) könnte Armenein ein Zeichen zur Versöhnung setzen.

Sich mit dem eigenen Handeln kritisch auseinander zu setzen und eine Verantwortung für Versöhnung und Frieden zu übernehmen, scheint dem armenischen Regime offensichtlich weniger wichtig. Das ergibt sich nicht nur aus der harten Kriegsrhetorik des armenischen Staatspräsidenten Sersch Sargsjan, der wegen seines enttäuschenden Auftritts auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel von den deutschen Medien zu Recht als „Kriegsherr“ bezeichnet wurde. Ebenso tut die armenische Führung bisher viel zu wenig, um eine innere Versöhnung in Armenien selbst zu erreichen. Das Regime entzieht sich bisher seiner Verantwortung für den Tod von 10 Menschen während der am 1. Und 2. März 2008 gegen die Wahlfälschungen gerichteten Unruhen in Eriwan. Vartan Oskanian, ehemaliger Außenminister Armeniens, verwies in einer Pressemeldung auf die Verantwortung der eigenen Regierung, zu der auch der heutige Präsident Sargsjan gehörte. Er bezeichnete sich insoweit als „anders“ als andere Mitlieder des Regimes (siehe https://azvision.az/redirect.php?url=http://www.azatutyun.am/content/article/27611033.html).

Sehr geehrte Damen und Herren,

unsere Region Sükaukasus liegt in einem sehr komplizierten geopolitischen Raum und ist daher sehr krisenanfällig. Um die Gefahr neuer Krisen und Konflikte in der Region zu minimieren, müsste auf Dialog und Versöhnung gesetzt werden, statt die gespannte Atmosphäre mit nationalistischen Aktionen und Aufrufen unnötig weiter zu verschärfen. Wir als Verein hunderter aserbaidschanischer Studierender und junger Akademiker erwarten von der deutschen Politik, sich bei der Lösung des Konflikts für einen konstruktiven Ausweg aus der konfliktträchtigen Lage zu positionieren und sich für keine politisch-ideologischen Zwecke missbrauchen zu lassen. Gleichzeitig werden wir uns weiterhin dafür einsetzen, dass dieser Konflikt auch im Bewusstsein der deutschen Öffentlichkeit seinen Platz findet. Denn sicher ist, dass nur dann ein Verständnis für unsere Situation entstehen kann, wenn auch die Zivilgesellschaft in Deutschland über dieses Thema entsprechend informiert wird.

Mit freundlichen Grüßen

Azerbaijan Student Network e.V. Berlin

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