Škoda Enyaq 85 - guter Mittelklasse-Allrounder?

  27 Auqust 2024    Gelesen: 519
  Škoda Enyaq 85 - guter Mittelklasse-Allrounder?

Škoda bietet wohl die eleganteste Version des MEB-Konzern-Kompaktvans. Und dessen Name Enyaq ist schön ausgefallen. Doch was heißt MEB überhaupt? Lesen Sie selbst.

Elektroautos seien furchtbar teuer, heißt es immer. Klar, an die Benziner-Schnäppchen à la Dacia Sandero oder Mitsubishi Space Star für knapp über 11.000 Euro kommt derzeit kein elektrisch angetriebenes Fahrzeug heran. Doch bezahlbare elektrische Mobilität mit hoher Praxistauglichkeit für Kind und Kegel - ist das möglich? Der Volkswagenkonzern bemüht sich zumindest und bietet den verspielt aussehenden ID.4 unter der Marke Volkswagen ab 40.335 Euro an auf seiner Website. Kein Schnäppchentarif, aber auch nicht irre unerschwinglich.

Und was ist mit der als günstig geltenden Marke Škoda? Bietet auf Basis der gleichen Technologie ebenfalls einen Kompakten an - allerdings lässt der Preis aufhorchen. Nicht weniger als 48.900 Euro verlangen die Tschechen für das 4,65 Meter lange Multifunktionsfahrzeug namens Enyaq. Der elegant daherkommende Allrounder erinnert vor allem mit seinem Heck ein bisschen an den Bentley Bentayga. Er fußt ebenfalls auf dem modularen Elektrobaukasten (MEB), dem derzeitigen Chassis für die günstigeren Konzern-Stromer. Die Plattform ist auf Heckantrieb ausgelegt, kann aber auch zwei Motoren beherbergen, was mit Allradantrieb verbunden ist. Grenzen gibt es bei der Ladeleistung dieser 400-Volt-Architektur. Es gibt außerdem noch den technisch-kühlen Audi Q4 E-Tron sowie eine optisch sportive Version dieser Gattung namens Tavascan aus dem Hause Cupra.

Im Gegensatz zum ID.4 tritt der Enyaq derzeit nicht unter 286 PS an - mit braver Familienkutsche hat das wenig zu tun. Die Volkswagen-Basis leistet bloß 170 PS, nur mal so am Rande. Dafür erhält der Tscheche natürlich ein Souveränitätsplus, glänzt mit Fahrleistungen, die früher eher Sportwagen zugeschrieben wurden. So wuchtet das mit 545 Newtonmetern Drehmoment ausgestattete Elektroaggregat den 2,2-Tonner binnen 6,7 Sekunden auf Landstraßentempo. Entsprechend dynamisch fühlt sich das für die Passagiere an mit sanftem Druck im Kreuz.

Gleichzeitig haben die Ingenieure das stärkere Triebwerk (früher 204 PS) sparsamer gemacht; laut WLTP kommt der Enyaq nun mit drei Kilowattstunden weniger aus je 100 Kilometer (ab 13,5 kWh). Die WLTP-Reichweite beziffert Škoda mit 427 bis 607 Kilometern - und diese Bandbreite zeigt schon, dass das Handling mit Elektrofahrzeugen nicht ganz so einfach ist. Eine Reproduzierbarkeit von Ladeleistung und Reichweite gibt es bei Stromern zumindest nicht im gleichen Maße wie bei Verbrennern, mit dieser Realität muss der User leben.

Stromer erfordern im Handling Umgewöhnung

Dinge wie Außentemperatur und Nebenverbraucher (Heizung sowie Klimaanlage) haben einen großen Einfluss darauf, wie weit man tatsächlich fahren kann. Immerhin erfreute der Enyaq-Testwagen bei vollem Akku mit rund 500 Kilometern Realreichweite bei recht kalter Witterung Anfang des Jahres. Aber nur bei zurückhaltendem Fahrstil. ntv.de hatte sich aus Effizienzgründen für die einmotorige Variante mit Heckantrieb entschieden (es gibt die 286-PS-Ausgabe auch mit Allradantrieb).

Und die Ladeperformance? Im praktischen Test hat der Enyaq 85 mit 77 kWh Netto-Kapazität binnen 17 Minuten von 15 auf 45 Prozent geladen - mit dieser Performance würde er die vom Werk angegebenen 28 Minuten von 10 auf 80 Prozent reißen, allerdings muss auch die Ladesäule mitspielen - Stichwort Reproduzierbarkeit. Man sollte aber betonen, dass die großen Lademarken wie beispielsweise Aral Pulse, ENBW oder Shell in der Regel sicherstellen, dass ihre Ladeplätze die versprochene Leistung bringen.

Unter dem Strich ist der Enyaq ein dankbarer Praktiker mit ausgeprägter Langstreckenfähigkeit und durchaus luxuriösen Zügen. Das mittlere SUV federt ausgewogen und verfügt gegen Aufpreis über variable Dämpfung mit elektronisch verstellbarer Kennlinie.

Einen noblen Eindruck erwecken übrigens auch die cognacfarbenen Ledersitze des Testwagens. Die sehen nicht nur schick aus, sondern bieten überdies recht soliden Fahrkomfort. Und es sind ganz schöne Hightech-Stühle mit Klimatisierung und Massagefunktion. Dazu kommen edle Ziernähte sogar im Bereich der Armaturen. Ein solcher Luxus kostet jedoch gleich ein paar Tausender Aufpreis, das dürfte klar sein.

Ganz ohne Extrakosten hingegen gibt es das großzügige Raumangebot des Enyaq, das insbesondere Fondpassagiere zu spüren bekommen. Hier zeigt sich gutes Packaging: Obwohl der Skoda mit 2,76 Metern keinen ausufernden Radstand aufweist, hat er dennoch eine veritable Innenraumgröße. Das untermauern übrigens auch die Werte für das Kofferraumvolumen. Klappt man die Rücksitzlehnen um, kann der Enyaq ordentlich Gepäck mitnehmen (1710 Liter).

Auch das tschechische Elektro-SUV hat "Simply Clever"

Und wie steht es um die markentypischen "Simply-Clever-Features"? Der Eiskratzer ist von der Tankklappe (bei den Verbrennern) in den Bereich der Heckklappe gewandert. Weiterhin gibt es zusätzliche Multifunktionshaken im Kofferraum oder diverse maßgeschneiderte Boxen. Und im Kofferraum findet der Nutzer weiterhin seine Cargoelemente zur Sicherung seines Ladeguts sowie den variablen Laderaumboden - kostet allerdings 360 Euro extra. Und auch der Regenschirm lässt sich in der Vordertür finden, natürlich.

Das werksseitig schon ganz ordentliche Infotainment lässt sich durch Geldeinsatz aufpeppen mit einem Head-up-Display. Immer an Bord hingegen weilt der 13 Zoll große Touchscreen. Hier läuft neuerdings ein verbessertes Betriebssystem, das zumindest durch zügige Reaktion und intuitive Menüführung auffällt. Dass nicht jeder Benutzer touchen möchte, sondern manche Menschen gerne physische Schalter hätten, ließ Škoda offenbar keineswegs kalt. Die Konsequenz daraus besteht aus einer Tastenreihe unterhalb des großen Bildschirms. Doch bitte nicht zu viel erwarten. In der Hauptsache lassen sich über die Knöpfchen die Menüs für die entsprechenden Funktionsgruppen (beispielsweise Assistenz oder Klimatisierung) auf den Bildschirm rufen.

Immerhin können über die Tipptasten auch manche Funktionen direkt aktiviert werden. Dazu zählen die Einparkautomatik, das Defrosting der Frontscheibe sowie die Heckscheibenheizung. Im Fond zählt dazu auch die Sitzheizung, während diese vorn auf einer stets bleibenden virtuellen Leiste auf dem Monitor eingeschaltet wird. Das klappt gerade kurz nach dem Start oft nur verzögert. Design genießt eben auch beim Enyaq mehr Priorität als Funktion.

Fazit: Der Škoda Enyaq ist ein gelungener und vor allem komfortabler Allrounder. Dass die Tschechen derzeit kein Einsteigermodell mit unter 200 PS im Angebot haben, macht das Modell teuer. Zwar ist die 286 PS starke Variante bullig im Antritt, doch auch weniger Leistung würde es tun. Tun sollte der Konzern etwas bei der Ladeperformance, um Elektroautomuffel den Umstieg mental zu erleichtern. Zwar reichen 135 Kilowatt Ladeleistung für die alltäglichen Bedürfnisse der meisten Autofahrer. Doch die Psychologie macht nicht mit, die Nutzer wollen den Akku schnell befüllt haben, so wie sie es vom Tank ihres Verbrenners gewohnt sind. Abhilfe wird wohl erst die Nachfolger-Plattform schaffen. Im Netz kursieren schon schon Ladezeiten von zwölf Minuten (10 bis 80 Prozent). Allerdings dauert das noch ein paar Jahre. Und so muss der aktuelle Enyaq erst einmal ran bis auf Weiteres.

Quelle: ntv.de


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