Ihnen ist der Audi Q4 zu spießig und der Volkswagen ID.4 zu langweilig? Der Škoda Enyaq irgendwie zu gewöhnlich? Dann hat Cupra mit dem Tavascan vielleicht das richtige Angebot für Sie. Das Designer-SUV setzt eine ganze Reihe optischer Akzente. Das reicht von der expressiven Front mit dem Cupra-Schriftzug in großen Lettern zwischen Haube und Grill über markante bronzefarbene Felgen bis hin zum beleuchteten Logo auf der Heckklappe.
Innen setzt sich das Spiel mit der Extravaganz fort. Die bronzene Hausfarbe zieht sich wie ein roter Faden durch den Tavascan. Viele Akzentteile innen präsentieren sich in diesem Ton. Da wäre die Leiste über der gesamten Armaturentafel, die als Verlängerung bis zu den Türinnenseiten reicht. Ja, sogar die Umrandung des Getränkehalters sowie die Sitze, in deren Polstern der Bronzeton eingebracht ist in Form kleiner Cupra-Logos. Allerdings holt die für diesen frühen Testwagen gewählte brave Außenlackierung "Atacama Desert Metallic" den Tavascan wieder auf den Boden der Sachlichkeit zurück - ein schöner Kontrast zu den ansonsten eher wilden Gestaltungsmerkmalen.
Apropos Gestaltung: Innen drehen die Architekten dann noch einmal kurz auf, bis der Sparzwang sie bremst. Die schwebende Mittelkonsolenkonstruktion sieht fancy aus, während Tachoelement und Zentralscreen mit den etwas beschwerlich bedienbaren Softtouchelementen für die Innenraumtemperatur ganz offensichtlich aus dem Konzernregal stammen. Macht aber nichts. Wichtig ist, dass man in dem Familien-SUV recht luftig unterkommt, was vorn sowieso kein Thema ist, aber hinten eben erfreulicherweise auch nicht. Vor allem die Beinfreiheit in der zweiten Reihe ist großzügig bemessen - so wie auch in den Pendants der anderen Marken. Und obwohl der Tavascan mit unter 1,60 Metern Höhe der niedrigste Vertreter dieses MEB-Vertreters ist, kommen auch die Köpfe der Dachpartie nicht zu nah. Außerdem kann man in diesem Cupra 540 Liter Gepäck hinter der Rücksitzlehne verstauen, also bei voller Besatzung. Damit sollte der Urlaub machbar sein.
Wirklich sportlich fährt der Tavascan nicht, schnell ist er aber
Kleine Runde gefällig? Was unter dem Blech der deutlich als VZ-Variante kenntlich gemachten Ausführung steckt, kennt man bereits: Hier sind 340 Pferdestärken am Werk. Entsprechend schwungvoll setzt sich der Spanier mit seinen bulligen 545 Newtonmetern Drehmoment in Bewegung und prescht binnen 5,5 Sekunden auf 100 km/h. Allerdings gibt er gar nicht unbedingt den Sportler in der Volkswagen-MEB-SUV-Familie, sondern hält eigentlich einen ähnlichen Komfort für seine Passagiere bereit, wie das auch die anderen Markenvertreter tun trotz offiziell als "Sportsitze" titulierter Stühle, die in Wirklichkeit gar nicht so schrecklich sportlich sind.
Außerdem erlebt man den Südeuropäer eher geschmeidig als stramm über Bodenwellen fahrend, Cupra selbst nutzt die Adjektive "sanft" und "intuitiv". Aber dennoch fährt der Tavascan flink um Kurven, was einfach auch am tiefen Schwerpunkt liegt (Akkus im Boden). Sein Gewicht merkt man dem 2,3-Tonner allerdings schon irgendwie an, was aber keineswegs zur Behäbigkeit führt.
Indes scheinen Akkus aktuell zur Kaufzurückhaltung zu führen, jedenfalls in Deutschland. Ist das begründet? Aus der Perspektive des ladenden Users hat die MEB-Generation jedenfalls noch einmal eine Schippe draufgelegt beim Tempo der Energiebeschaffung. Das typische Fenster von 10 bis 80 Prozent Ladestand soll der Tavascan binnen 28 Minuten nachladen. Das ist zwar deutlich langsamer als tanken, aber ein vertretbarer Boxenstopp auf der langen Reise, wo die eine oder andere Pause ja nicht schadet. Klar, dem gehetzten Außendienstler nützt das derweil wenig.
ntv.de konnte diesen Wert beim kurzen Erstkontakt mit dem Fahrzeug nicht nachprüfen. Allerdings hatte der Bordrechner immerhin eine Reichweite von rund 433 Kilometer versprochen - damit lag der Tavascan mit 77 kWh Nettokapazität bloß leicht unter der Minimal-WLTP-Werksangabe von 477 Kilometern. Jetzt kommt es natürlich immer auch auf die Fahrweise an. Also muss der Außendienstler wohl noch eine Generation warten oder ein Produkt der sogenannten "Premium Platform Electric" mit deutlich schnelleren Ladezeiten wählen.
Dabei ist auch der Tavascan alles andere als günstig. Wer ihn als starken VZ erwerben möchte, muss nämlich ganz schön viel Geld in die Hand nehmen - mindestens 60.780 Euro offenbart die Preisliste. Das ist zwar weniger, als ein Škoda Enyaq RS Coupé (63.300 Euro) kostet, aber dennoch eine hohe finanzielle Hürde. Und selbst das derzeitige Tavascan-Basismodell ist mit 53.240 Euro jetzt nicht der Schnapper schlechthin für Familien mit begrenztem Budget. Immerhin sind beim VZ dicke Brocken serienmäßig wie adaptive Fahrwerksregelung, elektrische Heckklappe, LED-Matrixscheinwerfer, schlüsselloses Schließsystem plus Tempomat mit aktiver Steuerung (beschleunigt und bremst selbsttätig).
Ob man sich für den Spanier erwärmen kann, hängt wohl maßgeblich davon ab, wie der persönliche Bezug zu ausgefallenem Design ist. Hier kann der Tavascan allerdings punkten, aber eben auch polarisieren. Bleibt zu hoffen, dass seine Herkunft aus dem chinesischen Werk Anhui für den Konzern nicht noch zum Pferdefuß wird angesichts der aktuellen wirtschaftspolitischen Turbulenzen. Handwerklich ist er jedenfalls solide gemacht und so gesehen durchaus empfehlenswert.
Quelle: ntv.de
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