Der Einstieg der Großbank Unicredit bei der Commerzbank befeuert Spekulationen über eine Übernahme des Frankfurter Geldhauses. Die Italiener schlugen bei dem angekündigten Verkauf von Aktien durch den Bund zu und kauften weitere Anteile am Markt, wie die Unicredit in Mailand mitteilte. In Summe halten die Italiener jetzt rund neun Prozent der Commerzbank-Aktien.
Der Bund will schrittweise bei der Commerzbank aussteigen, die er in der Finanzkrise ab 2008 mit Milliarden an Steuergeld vor dem Kollaps gerettet hatte. Die Bank ließ offen, ob sie weiter aufstocken will. Um hier flexibel entscheiden zu können, will sie sich bei den Aufsehern die Genehmigung holen, den Anteil auch auf mehr als 9,9 Prozent aufstocken zu können. Die Commerzbank-Aktie schoss um mehr als 15 Prozent hoch. "Analysten sagen: Die würden gut zusammenpassen", berichtet ntv-Börsenkorrespondentin Sabrina Marggraf.
Der Chef der Unicredit, Andrea Orcel, will einem Insider zufolge eine Fusion ausloten. Er habe das Management des deutschen Konkurrenten zu Gesprächen über ein Zusammengehen eingeladen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters und beruft sich auf eine mit der Angelegenheit vertraute Person. Die Commerzbank wollte diese Angaben weder bestätigen noch dementieren. Von der Unicredit war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.
Die Unicredit hatte bereits vor knapp 20 Jahren im deutschen Bankenmarkt zugeschlagen. 2005 kaufte sie die deutsche Hypovereinsbank (HVB) für rund 15 Milliarden Euro und ist seitdem stark im deutschen Privatkundenmarkt vertreten
Schon in den vergangenen Jahren wurde immer wieder darüber spekuliert, dass die Italiener die Commerzbank übernehmen und mit ihrer deutschen Tochter Hypovereinsbank verschmelzen. Der Sitz der fusionierten Bank dürfte dann in Deutschland sein, der Sitz der Konzernmutter Mailand.
Italiener haben das vierfache Börsengewicht
Rund die Hälfte ihrer Commerzbank-Aktien erwarb die Unicredit vom deutschen Staat. Der Bund verkaufte im Rahmen des vor einer Woche angekündigten Teilausstiegs knapp 4,5 Prozent an die Italiener. Diese waren bereit, deutlich mehr zu zahlen, als die Papiere am Dienstagabend an der Börse wert waren. Alle vom Bund offerierten Aktien seien "infolge einer deutlichen Überbietung aller übrigen Angebote" an die Unicredit zugeteilt worden, wie die zuständige Finanzagentur des Bundes in Frankfurt mitteilte.
Der Zuteilungspreis von 13,20 Euro je Aktie liegt 60 Cent oder knapp fünf Prozent über dem Börsen-Schlusskurs vom Dienstag. Üblich sind bei solchen großen Platzierungen eigentlich Abschläge. Der Bund nahm durch den Verkauf der gut 53 Millionen Aktien etwas mehr als 700 Millionen Euro ein. Der Anteil des Staats sinkt damit auf 12 Prozent, trotzdem bleibt er vorerst der größte Anteilseigner der Commerzbank. Mit einem Anteil von neun Prozent ist die Unicredit nun der zweitgrößte Aktionär.
Die Unicredit und die Commerzbank gehörten in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 und in der EU-Schuldenkrise Anfang des vergangenen Jahrzehnts zu den größten Verlierern am Aktienmarkt. Die Kurse beider Institute waren zeitweise um mehr als 90 Prozent gefallen. Inzwischen hat sich die Lage für beide Banken unter anderem wegen der zuletzt wieder deutlich höheren Zinsen stark verbessert. Bei der Unicredit fiel die Erholung allerdings deutlich stärker aus.
Sie ist fast 60 Milliarden Euro wert und könnte sich damit eine Übernahme der Commerzbank leisten. Der Börsenwert der Frankfurter liegt mit knapp 15 Milliarden Euro lediglich bei rund einem Viertel der Unicredit.
Widerstand gegen eine mögliche Übernahme des Frankfurter Instituts kommt von Arbeitnehmervertretern. Commerzbank-Aufsichtsratsmitglied Stefan Wittmann sagte, man werde alles tun, was man könne, um eine Übernahme zu verhindern. Er befürchte einen Verlust zahlreicher Arbeitsplätze und eine Verlagerung unternehmerischer Entscheidungen nach Italien. Wittmann ist Vertreter der Gewerkschaft Verdi in dem Kontrollgremium.
Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa
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