Pünktliche Landung in Nizza. Jetzt geht es nach dem kurzen Pressebriefing noch im Flughafengebäude raus zu den neuen Renault 5. Kurze Suche nach den Autos. Ach! Da hinten stehen sie. Kann man auch kaum übersehen, denn die Exemplare strahlen in "Pop Green" und "Pop Yellow" um die Wette. Mit den Bonbonfarben der 1970er erobert der Franzose sicher auch die Herzen deutscher Kunden. Und dann kommen ja optional (600 Euro) auch noch peppige Muster auf Dach und Türen dazu mit dem "5"-Logo.
Und überhaupt, der Neue erinnert optisch stark an den vor 52 Jahren erstmals präsentierten Ur-R5. Bloß dass der neuzeitliche Vertreter auf der sogenannten "AmpR"-Plattform steht - Verbrenner sind damit passé.
Aber jetzt wird nicht nur geschaut, sondern endlich auch gefahren! Schnell reingehüpft in den 3,92-Meter-Zwerg. Und genauso schnell wäre festgestellt, dass er innen kaum weniger cool ist als außen. Zwar ist das Innenraumdesign nicht völlig an das Urmodell angelehnt, aber so ein bisschen Retro-Charme versprüht die Architektur dennoch. Beispielsweise mit dem charakteristisch genähten Polsterelement im Bereich der Armaturentafel (auf der Beifahrerseite).
Coole Polster und Retrolook erfreuen das Auge, unpraktische Touchflächen als Lenkradbedienelemente hätten dagegen nicht sein müssen.
Links und in der Mitte dann wieder absolute Moderne mit massig Displayfläche. Allerdings haben die Gestalter ganz im Renault-R5-Stil agiert und schön bunte, verspielte Anzeigen kreiert. Außerdem lässt das rechteckige Tachoelement wieder Retro-Gefühl aufkommen und Details wie die Renault-Raute auf dem Fahrstufen-Wählhebel haben ihren Charme. Mit der Einbindung von Google geht Renault bei seinem neuen Kleinwagen den gleichen Weg wie bei den anderen Modellen, verzichtet auf ein eigens entwickeltes Navigationssystem. Das spart zwar Kosten, ist aber wenig individuell. Wer mit einem iPhone hantiert, darf immerhin auf Apple CarPlay zurückgreifen.
Richtig günstig ist der neue Renault 5 nicht
Aber spätestens wenn sich der Kunde mit 32.900 Euro Grundpreis auseinandersetzen muss (günstigere Varianten folgen), kommt die Frage auf, wie erwachsen dieser Renault eigentlich ist. In puncto Fahreigenschaften jedenfalls sehr. Nicht nur, dass der 150 PS starke 1,6-Tonner - schwächere Ausführungen mit 95 respektive 120 PS kommen später - ziemlich gut durchzieht und binnen acht Sekunden auf 100 km/h beschleunigt. Er federt für einen Kleinwagen richtig gut. Wer denkt, dass der Ultrakompakte mit gerade mal 2,54 Metern Radstand knüppelhart über Bodenwellen rattert - Fehlanzeige! Das Cityvehikel geriert sich im Gegenteil ziemlich zahm. Dass man mit den Knien öfter mal an die breite Konsole stößt, geschenkt. Und dass man jetzt im Fond auch nicht gerade bis nach Rom (Paris geht vielleicht noch je nach Wohnort in Deutschland) fahren möchte, ist auch verständlich.
Wie ist es eigentlich um die Reichweite bestellt? Der mit dem stärkeren Antrieb verbundene 52-kWh-Akku ist gut für 405 Kilometer WLTP-Reichweite - allerdings ist die in der Praxis von vielen Faktoren abhängig. Was ein Glück, dass es die milden Außentemperaturen zum Zeitpunkt der Testfahrten gut mit der Batterie meinen. Exakt 405 Kilometer zeigt das Display bei voll aufgeladenem Stromspeicher. Das wäre für Stadtautoverhältnisse sehr in Ordnung. Ein richtiger Ladeperformer ist der Winzling indes nicht - das Werk nennt 30 Minuten für das Laden von 15 auf 80 Prozent bei einer Peak-Ladeleistung von 100 kW. Angesichts des Segments darf man sich aber nicht beschweren.
Der neue R5 ist ein Hingucker
Oder vielleicht doch über den Preis? Der Renault 5 ist zwar kein großes Auto, aber durchaus ein smartes und wertiges. Der Franzose ist kein tristes Produkt, das bloß dazu dienen soll, seine Passagiere trocken und halbwegs warm an jegliche Ziele zu bringen, sondern ein ganz schöner Hingucker mit vielen coolen Details. Darin unterscheidet er sich fundamental von seinem Vorgänger Zoé.
Aber es sind nicht nur witzige Gimmicks wie mit dem "5"-Logo gebrandete Ablageelemente. Renault hat sich auch einen tiefen Griff in die Technik-Kiste gegönnt und seinem Kleinen eine Multilenker-Hinterachse gegönnt. Mit dem Effekt eines ganz properen Fahrverhaltens. Vielleicht mag der eine oder andere Fahrer die Lenkung als einen Hauch zu teigig empfinden. Aber der Kleinwagen soll und muss keine ambitionierte Fahrmaschine sein (die kommt mit der Alpine-Variante). Dafür ein attraktiver Begleiter.
Und selbst die später nachgereichten Versionen mit kleinerem Akku (40 kWh) sind immer noch recht alltagstauglich angesichts von rund 300 Kilometern Reichweite (WLTP). Beim Preis kommt Renault der Kundschaft entgegen, kündigt die Einsteiger-Offerte mit 25.000 Euro an. Doch hier ist Vorsicht geboten, denn für das Basismodell schließt der Konzern eine CCS-Schnelllademöglichkeit aus. Damit hängt der Renault 5 dann an der Leine, eignet sich nicht mehr zum Verreisen. Denn das Aufladen des Akkus ist dann keine Sache von Minuten mehr, sondern von Stunden. Immerhin bleibt die etwas stärkere Variante unter 30.000 Euro - dann hoffentlich mit CCS-Anschluss.
Produziert wird das neue Modell inklusive Batterie übrigens in Frankreich. Und eine entscheidende Sache hat Renault geschafft: Der Hersteller hat nämlich ein Elektroauto kreiert, das mit seinem coolen Retrodesign eine gewisse Sehnsucht erzeugt. Gut möglich, dass Kunden den Renault 5 einfach haben möchten, ohne überhaupt nach seinem Antrieb zu fragen. Er könnte das erste elektrisch angetriebene Fahrzeug sein, dem das gelingt. Das wäre ein Gewinn für die Elektromobilität. Und Renault hätte nach langer Zeit mal wieder ein ikonisches Auto kreiert.
Quelle: ntv.de
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