Wie Tiefschlaf und Gedächtnis zusammenhängen

  13 Dezember 2024    Gelesen: 501
  Wie Tiefschlaf und Gedächtnis zusammenhängen

Im Schlaf wird verarbeitet, was man am Tag erlebt hat. So entstehen auch Erinnerungen. Doch wie genau passiert das? Ein Forschungsteam der Charité Berlin untersucht äußerst rares Hirngewebe und liefert Antworten darauf.

Langsame Gehirnwellen, die während des Tiefschlafs auftreten, machen die Nervenzellen in der Hirnrinde, dem Sitz des Langzeitgedächtnisses, besonders aufnahmefähig. Das hat ein Forschungsteam um Jörg Geiger, Direktor des Instituts für Neurophysiologie der Charité, herausgefunden. Fachleute gehen davon aus, dass unser Gehirn im Schlaf die Ereignisse des Tages erneut abspielt und dabei die Informationen aus dem Sitz des Kurzzeitgedächtnisses, dem Hippokampus, in das Langzeitgedächtnis in der Hirnrinde verschiebt.

Seit vielen Jahren ist bekannt, dass die als "Slow Waves" bezeichneten Erregungswellen im Tiefschlaf im direkten Zusammenhang mit der Gedächtnisbildung stehen. Was genau dabei im Gehirn passiert, wusste man aber bisher nicht. Die Ergebnisse der Untersuchung, die im Fachmagazin "Nature Communications" veröffentlicht wurden, könnten diese Lücke nun schließen.

Entnommenes Hirngewebe untersucht

Für die Untersuchungen nutzten die Forschenden intaktes Gewebe aus der Hirnrinde von 45 Patientinnen und Patienten, die sich in einem Klinikum einem neurochirurgischen Eingriff zur Behandlung einer Epilepsie oder eines Hirntumors unterziehen mussten. Dieses besonders rare Gewebe kann in einer künstlichen Nährlösung bis zu zwei Tage außerhalb des Körpers überdauern, bevor es seine Aktivität einstellt. In diesem Zeitraum nutzten die Forschenden es und maßen mit einer besonderen Technik und zehn Pippettenfühlern die Spannungsschwankungen, die für langsame Wellen im Tiefschlaf typisch sind, und die Reaktionen der einzelnen Nervenzellen.

Das Ergebnis: Die synaptischen Verbindungen zwischen den Nervenzellen der Hirnrinde werden zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt während der Spannungsschwankungen maximal verstärkt. Das bedeutet, "die Synapsen arbeiten am effizientesten, direkt nachdem die Spannung von einem niedrigen Niveau auf ein hohes angestiegen ist", erklärt der Neurophysiologe Franz Xaver Mittermaier laut Mitteilung der Universität. "Innerhalb dieses kurzen Zeitfensters ist die Hirnrinde quasi in einen Zustand der erhöhten Bereitschaft versetzt. Spielt das Gehirn eine Erinnerung genau jetzt ab, wird sie besonders effektiv ins Langzeitgedächtnis überführt. Der Slow-Wave-Schlaf unterstützt die Gedächtnisbildung also offenbar, indem er die Hirnrinde für viele kurze Zeiträume besonders aufnahmebereit macht."

Die Ergebnisse der Untersuchung könnten in Zukunft dazu beitragen, das Gedächtnis beispielsweise bei beginnender Vergesslichkeit im Alter zu verbessern. Denkbar ist, mit Stromimpulsen oder akustischen Signalen die "Slow Waves" im Schlaf zu beeinflussen. "Aktuell werden solche Stimulationen allerdings mühsam durch Ausprobieren optimiert", erklärt Geiger. "Hier könnten unsere Erkenntnisse zum perfekten Timing helfen. Sie erlauben es erstmals, die Stimulationsmethoden zur Unterstützung des Gedächtnisses gezielt zu entwickeln."

Quelle: ntv.de, jaz


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