Für die Pressesprecherin des Weißen Hauses ist klar, wer für die katastrophale aktuelle Performance von Amerikas Legehennen und den immer stärker spürbaren Eiermangel im Land verantwortlich ist. "Die Biden-Regierung und das Landwirtschaftsministerium haben die Massentötung von mehr als 100 Millionen Hühnern angeordnet, was zu einem Mangel an Hühnern in diesem Land und folglich einem Mangel an Eiern geführt hat, was zu der Knappheit führt."
Ist Ex-Präsident Joe Biden also ein hinterhältiger Hühner-Killer gewesen? Haben seine Schergen sich aus Mordlust in Amerikas Geflügelfarmen geschlichen, um Millionen unschuldiger Hennen einfach grundlos umzubringen? Nicht ganz. Schon seit 2022 grassiert in den USA die Vogel-Grippe. Es ist der stärkste Ausbruch in zehn Jahren. Rund 130 Millionen Tiere sind inzwischen gekeult worden, um die Seuche einzudämmen. Nicht nur Hühnerfleisch ist deswegen mancherorts Mangelware. Auch der Preis für eine der Lieblingsspeisen der Amerikaner geht durch die Decke: Eier.
In einigen Läden in Kalifornien kostet ein Dutzend Bio-Eier inzwischen mehr als zehn Dollar. Überall in Amerikas Supermärkten weisen Schilder inzwischen auf die nationale Notlage hin. Manche rationieren sogar den Verkauf. Waffle House, eine Restaurantkette aus den Südstaaten, die vor allem für ihr Frühstück beliebt ist, verlangt inzwischen einen Zuschlag von 50 Cent für jedes Ei. Laut offiziellen Zahlen der US-Regierung kostete eine Zwölfer-Packung Käfig-Eier im Dezember im landesweiten Durchschnitt rund 4,15 Dollar. Im Juni 2019, vor der Covid-Pandemie, waren es noch 1,20 Dollar. Und für das laufende Jahr erwartet das Landwirtschaftsministerium einen weiteren Anstieg um 20 Prozent.
Eier sind nur die Spitze des (Pr)Eisbergs
Und damit wird die von der Natur verursachte Geflügelpest zum politischen Problem. Denn Donald Trump hat im Wahlkampf ein Versprechen abgegeben: "Wenn ich gewinne, werde ich sofort die Preise senken, von Tag eins an." Doch drei Wochen nach seinem Amtsantritt passiert genau das Gegenteil. Explodierende Kosten für Eier sind das unübersehbare Zeichen, dass die Inflationskrise, die viele US-Wähler im Portemonnaie spüren und wegen der sie sich von Biden ab- und Trump zugewandt haben, ungebremst weitergeht. Nur die Spitze des (Pr)Eisbergs, sozusagen.
Kriegt Trump die steigenden Lebenshaltungskosten von Millionen Amerikanern nicht in den Griff, wackelt seine Glaubwürdigkeit. Doch tun kann er dagegen eigentlich nicht viel - ebenso wenig wie sein Vorgänger Joe Biden. Denn die Seuche ist hochansteckend. Bis sich die Hühnerbestände in den USA wieder erholt haben und die Preise spürbar sinken, können bis zu neun Monate vergehen. Die Eierpreise werden daher dieses Jahr hoch bleiben. "Es gibt nichts, was Biden hätte tun können, um die Vogelgrippe zu stoppen. Es gibt nichts, was Präsident Trump hätte tun können, um die Vogelgrippe zu stoppen - es ist die Schuld von keinem der beiden", zitiert CNN einen großen Geflügelproduzenten aus Kalifornien.
Doch auch die Demokraten hält das nicht davon ab, Trump die Eier-Krise auf Biegen und Brechen anzuhängen. Trump tue nichts, um die steigenden Lebenshaltungskosten zu dämpfen, wetterte etwa Senatorin Jackie Rosen aus Nevada kürzlich im US-Kongress. Andere ihrer Kollegen werden nicht müde, darauf hinzuweisen, dass Elon Musks Versuche, die US-Regierung mithilfe seiner DOGE-Mannschaft zu schrumpfen, nutzlos gegen steigende Eier-Preise sind.
Trumps Handelskrieg könnte die Seuchenkontrolle erschweren
Wirklich helfen würde gegen den Eiermangel wohl nur, die US-Geflügelpopulation im großen Stil gegen die Seuche zu impfen. Doch das würde es schwieriger machen, gesunde und kranke Hühner zu unterscheiden: Die Impfung verhindert nur den Tod, nicht die Ansteckung der Tiere untereinander. Die Verbreitung der Seuche würde damit nicht zwingend unterbunden, ihre Kontrolle womöglich sogar noch schwieriger. Und infiziertes Fleisch könnte leichter unbemerkt exportiert werden.
"Andere Länder werden Geflügel aus diesem Land nicht importieren", sorgt sich daher der Ökonom eines US-Bauernverbands bei CNN. "Das ist der wichtigste Grund, warum nicht viele Länder diese Impfstoffe anwenden". Als größter Geflügelproduzent der Welt sind die USA daher sehr zögerlich, ihre Hühnerbestände gegen die Vogelgrippe zu impfen. Auch in Europa ist die vorbeugende Impfung bislang verboten. In China ist sie dagegen seit Jahren Routine. Doch mit diesen Handelspartnern bricht Trump gerade einen Zollkrieg vom Zaun - die Chancen auf eine Einigung in der Seuchenfrage dürften nun besonders gering sein.
Für den Rest seiner Amtszeit ist die Eier-Krise also so oder so sein Problem. Auf kurz oder lang werden die Amerikaner ihn an seinem Wahlversprechen messen. Immerhin: Den höchsten Stand aller Zeiten erreichten die Eierpreise bislang gar nicht unter Trump, sondern im Januar 2023 unter seinem Vorgänger Joe Biden. Da kostete ein Zwölfer-Karton sogar rund 4,82 Dollar. Das dürfte allerdings nur ein schwacher Trost sein: Bekanntlich hat die Eier-Inflation entscheidend zur Abwahl seines Vorgängers beigetragen.
Quelle: ntv.de
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