Für Cruz ist die Vorwahl gelaufen. Damit wird Trump mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Kandidat der Republikaner für das Weiße Haus, und es wird im November zu einem Rennen zwischen der bei den Demokraten weit in Führung liegenden Kandidatin Hillary Clinton und Trump kommen.
Trumps Nominierung ist so gut wie sicher, weil er am Dienstag in Indiana mit über 50 Prozent erneut einen Erdrutschsieg erzielte und Cruz ihm nun auf der letzten Wegstrecke keine Stimmen mehr abnehmen wird. Der letzte verbliebene Konkurrent Trumps, John Kasich, verfügt nicht einmal annähernd über die Umfragewerte, die nötig wären, um Trump auf der Zielgeraden noch zu verhindern. Deshalb ist es so gut wie ausgeschlossen, dass Trump die Mehrheit von 1237 Delegierten noch verfehlen kann.
Der unaufhaltsame Siegeszug von Donald Trump
Er muss in den verbleibenden Staaten nur 40 Prozent der Stimmen holen, um über die Schwelle zu kommen. Und das wird nach dem Ausscheiden von Cruz kein Problem für ihn sein. Das sah sogar der immer um Neutralität bemühte Parteivorsitzende Reince Priebus so. "Donald Trump wird der voraussichtliche GOP-Kandidat", twitterte er kurz nach Cruz` Ankündigung. "Wir müssen uns nun vereinen und uns darauf konzentrieren, Hillary Clinton zu schlagen."
Cruz` Ausscheiden ist die logische Folge eines zuletzt unaufhaltsamen Siegeszuges von Trump, der in New York begonnen hatte, der sich dann vor einer Woche in den Ostküstenstaaten Connecticut, Delaware, Maryland, Pennsylvania und Rhode Island fortgesetzt hat und der nun mit dem Einsammeln von voraussichtlich allen Delegierten in Indiana endete. Cruz hatte den Staat vor der Vorwahl zur "Firewall" gegen Trump erklärt. Diese Mauer ist von Trump geschleift worden, und deshalb hat Cruz die weiße Fahne gehisst.
In letzten Umfragen sagten neun von zehn Republikanern, dass sie glauben, dass Trump der Kandidat der Partei werden wird. Und weil die Leute lieber für einen Sieger stimmen als für einen Verlierer, hatte Trump in den vergangenen Wochen die Dynamik auf seiner Seite.
Die so gut wie sichere Nominierung von Trump beendet eine der verrücktesten Vorwahlsaisons, die die Republikaner und das Land je erlebt haben. Chris Cillizza, einer der führenden Politikanalysten bei der "Washington Post", fasste die Konsterniertheit der Experten in einem Tweet so zusammen: "Ich habe in den vergangenen 18 Jahren über Politik berichtet. Es gibt keine Geschichte, die mich mehr verblüfft als ,Donald Trump, Kandidat der Republikaner`".
In seiner Siegesrede im Trump Tower in New York versuchte Trump sich präsidial zu geben und hatte plötzlich auch nette Worte übrig für Cruz, den er samt dessen Familie fast täglich attackiert hatte. "Er war ein toller Konkurrent, ein harter, kluger Typ, er hat eine große Zukunft vor sich." Trump redete viel über die Einheit der Partei und des Landes. "Dieses Land wird ein liebevolles Land werden", kündigte er an. Und natürlich wird er im November gewinnen, sagt Trump.
Landesweite Umfrage sieht Clinton erstmals hinter Trump
Angesichts der umwälzenden Ereignisse bei den Republikanern war der Sieg von Bernie Sanders bei den Demokraten fast eine Fußnote. Allerdings ist erstaunlich, dass sich derselbe Effekt, der bei den Republikanern einsetzte – dass irgendwann die meisten Wähler dem wahrscheinlichen Sieger hinterherlaufen –, bei den Demokraten noch nicht eingestellt hat. Obwohl er so gut wie keine Chance auf die Nominierung hat, bleibt Sanders überraschend stark und konkurrenzfähig.
Viele Demokraten feierten den Erfolg von Trump, weil sie glauben, dass Clinton leichtes Spiel mit einem Kandidaten haben wird, der in der Gesamtbevölkerung rekordmäßige Ablehnungswerte aufweist. Der Sieg von Sanders in Indiana so spät im Rennen weist aber darauf hin, dass Clinton weiterhin ein Problem damit hat, eine auf Anti-Establishment gestimmte Wählerschaft von sich zu überzeugen. Auch ihre Ablehnungswerte liegen sehr hoch, und vor einigen Tagen sah eine landesweite Umfrage sie sogar im direkten Vergleich zum ersten Mal hinter Trump.
Der verrückteste Vorwahlkampf der modernen amerikanischen Geschichte mag vorüber sein. Doch nun steigt Amerika in den verrücktesten Hauptwahlkampf um die Präsidentschaft ein. Und wenn die vergangenen knapp elf Monate – seit Trump seine Kandidatur erklärt hat – etwas gelehrt haben, dann dies: Man sollte diesen Mann nicht unterschätzen.
Quelle : welt.de
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