Hochzeitsfeier abgesagt, 60 Kinder glücklich gemacht

  12 Mai 2016    Gelesen: 576
Hochzeitsfeier abgesagt, 60 Kinder glücklich gemacht
Nach einem Streit über den Ehevertrag hat eine New Yorkerin ihre luxuriös geplante Hochzeit abgesagt. Gefeiert wurden dennoch: allerdings ohne den Bräutigam in spe. Dafür aber mit vielen Kindern.
Eigentlich konnte jetzt nichts mehr schiefgehen. Eigentlich. Denn wenige Wochen vor dem erhofften und schönsten Tag ihres Lebens, hatte der Bräutigam noch eine Überraschung für seine zukünftige Frau. Eine, mit der Yiru Sun nicht unbedingt gerechnet hatte: einen Ehevertrag. Und der beinhaltete ganz offensichtlich ein paar Punkte, mit denen die selbstbewusste Braut gar nicht einverstanden war.

Was folgte, waren lange Diskussionen unter den angehenden Eheleuten, Gespräche mit Anwälten über Besitz und Vermögen und die Frage – man weiß ja nie – was nach einer eventuellen Scheidung damit passieren sollte. Einigen konnten sich die Verlobten über die entscheidenden Passagen dabei offenbar nicht. Am Ende war die Vorfreude verflogen, die Liebe nicht stark genug und die Hochzeit geplatzt.

Doch wer glaubte, dass die Vizepräsidentin der Versicherungsfirma New York Life jetzt alles absagte und die angezahlte 8000-Dollar-Miete, die man ihr für den Hochzeitssaal nicht zurückerstatten wollte, abschrieb, sah sich getäuscht. Yiru Sun feierte trotz ihrer Enttäuschung, nicht ihre Hochzeit und auch nicht mit den geladenen Gästen. Sie lud stattdessen 60 Kinder und ihre Mütter ein, für die ein Fest im luxuriösen Harold Pratt House ein Traum ist, den sie sich im Leben wohl nie erfüllen werden können. Die Heilsarme und die gemeinnützige Sozialorganisation Inwood House halfen ihr dabei, eine ganz neue und für Yiru Sun völlig fremde Hochzeitsgesellschaft auszusuchen.

Ehevertrag war nicht zum Heiraten gemacht

"Ich sollte heute eigentlich eine Braut sein", erklärte Yiru Sun ihren mehrheitlich jungen Gästen. "Es sollte nicht sein. Die Hochzeit wurde abgesagt." Über die Gründe sprach die Hobbyschriftstellerin und -fotografin dabei nur kurz. "Ich wollte keinen Ehevertrag unterschreiben, mit dem ich nicht einverstanden war und bei dem ich kein gutes Gefühl hatte." Ihren Verlobten erwähnte sie dabei nicht. Yiru Sun, die zu dem Fest mit ihren fremden Gästen ihr weißes Hochzeitskleid angezogen hatte, verriet noch nicht einmal den Namen des Verflossenen.

"Am Anfang war ich sehr frustriert", gestand Yiru Sun, die mit ihren Eltern als Kind in die USA übergesiedelt war und später mit einem Stipendium an der Eliteuniversität Princeton Elektrotechnik studieren konnte. "Heute bin ich sehr glücklich." Denn nachdem sie den ersten Schmerz überwunden hatte, sei sie eines Morgens mit einer Idee im Kopf erwacht. Ihr Pech sollte andere zumindest für kurze Zeit glücklich machen. "Vielleicht hatte Gott das sogar für mich vorgesehen."

Dafür lud Yiru Sun, die selbst in armen Verhältnissen in China aufgewachsen war, zusammen mit der Heilsarmee und Inwood House Kinder sowie ihre Eltern aus sozial schwächeren Familien ein. "Ich weiß, dass alleinerziehende Mütter es im Leben sehr schwer haben können", sagte Yiru Sun, die selbst eine sechs Jahre alte Tochter hat. "Und auch wenn ich an diesem Tag nicht wie gehofft eine Prinzessin sein kann, sollen sich die Kinder wie in einem Märchen als Prinzen und Prinzessinnen fühlen."

Donnernder Applaus für die kreative Braut

Ihre Gäste, die sich für das Fest einen Tag vor dem Muttertag ihre besten Sachen angezogen hatten, schienen ganz begeistert von der unerwarteten Einladung. "Ich habe das Gefühl, etwas ganz Besonderes zu sein", freute sich die sechs Jahre alte Michaela gegenüber dem Fernsehsender CBS über die Party. "Toll", fand es auch Imani, die wie alle anderen Anwesenden die kurze Rede von Yiru Sun immer wieder mit einem donnernden Applaus unterbrach. "Ich habe hier sehr viel Spaß." Wie alle anderen Kinder hatte auch die Neunjährige einen bunten Ballon und ein kleines Geschenk bekommen. Wer wollte, durfte sich auch von einer eigens engagierten Künstlerin das Gesicht bemalen lassen.

"Diese Lady hat ein Fest abgesagt, das für sie und ihre Familie eine große Bedeutung hatte", sagte Kimberly Gil, die mit ihrer Mutter zum piekfeinen Harold Pratt House gekommen war, über Yiru Sun. Das sei wirklich etwas ganz Besonderes. Das Beste an der Party sei aber noch etwas ganz anderes gewesen. "Es gab so viel Eiscreme, wie man haben wollte."



Quelle : welt.de

Tags:


Newsticker