Fährt man in die immer dichter werdenden Siedlungen hinein, trifft man auf all das, was auf den ersten Blick zu einer durchschnittlichen afrikanischen Stadt dazugehört: Marktstände, Handygeschäfte, Werkstätten - und Unterkünfte, die mit provisorischen Notunterkünften nichts mehr zu tun haben.
Dabei ist Dadaab nichts als ein gigantisches Flüchtlingslager, offiziell eine Ansammlung von Camps mit Namen wie Hagadera, Dagahaley, Ifo 1 und Ifo 2; versorgt von den Vereinten Nationen und diversen Hilfsorganisationen. Fast 350 000 registrierte Flüchtlinge leben hier, fast alle kommen aus Somalia. Nach Syrien und Afghanistan stammen die meisten Flüchtlinge weltweit aus dieser Staatsruine am Horn von Afrika.
Ein Student stirbt, mehr als 100 werden verletzt: Nach einer Explosion in einer Universität in Nairobi ist Chaos ausgebrochen. Dabei handelte es sich nicht um eine Attacke von Islamisten. Die Regierung will indes Hunderttausende Menschen aus dem Flüchtlingslager Dadaab nach Somalia umsiedeln.
Anfang April kündigte Kenias Regierung an, Dadaab und ein weiteres Lager, das Camp in Kakuma mit 180 000 Menschen, dichtmachen zu wollen. Mehr als eine halbe Million Menschen wären auf einen Schlag heimatlos, eine neue Fluchtwelle wäre wohl unausweichlich.
"Aus Sicherheitsgründen", wie es offiziell hieß, sollten die Lager schließen. Der mörderische Angriff der Islamistenmiliz al-Shabaab auf das Einkaufszentrum Westgate in Nairobi im September 2013 sei "von Dadaab aus geplant und ausgeführt worden", behauptete das kenianische Innenministerium. Doch lieferte es rasch andere Begründungen nach.
Auch Europa mache die Grenzen dicht, und US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump wolle einen Grenzwall bauen, twitterte das Ministerium. "In Europa weisen reiche, wohlhabende, demokratische Länder Flüchtlinge aus Syrien ab, einem der schlimmsten Kriegsgebiete seit dem Zweiten Weltkrieg", sagte Innenminister Joseph Nkaissery.
Kenias Vorgehen sei "verantwortungslos", rügten Hilfsorganisationen. Die UN appellierten an die Regierung, weiter Flüchtlinge aufzunehmen. Hinter vorgehaltener Hand ist ein weiteres Motiv für die Drohung zu hören: "Es geht, wie so oft, auch um Geld", sagt der Mitarbeiter einer humanitären Organisation, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. "Die Regierung in Nairobi hat gesehen, wie viel die Türkei jetzt bekommt. Warum also nicht auch Kenia?"
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