Die verräterischen IS-Tweets aus Deutschland

  24 Mai 2016    Gelesen: 684
Die verräterischen IS-Tweets aus Deutschland
Bei einer Twitter-Kampagne des IS hatten auch Islamisten aus Deutschland Propaganda ins Netz gestellt. Gegner identifizierten die Aufenthaltsorte – den Fanatikern könnten juristische Folgen drohen.
Das arabische Wort "al-Furqan" bedeutet so viel wie "das Unterscheidende". Gemeint ist der Unterschied zwischen Gut und Böse, Wahrheit und Unwahrheit. In der islamischen Theologie versteht man unter dem Begriff die Trennung zwischen dem wahren Glauben an Allah und dem Propheten Mohammed und dem Unglauben.

Am vergangenen Wochenende gehörte al-Furqan zu den meistgenutzten Hashtags bei Twitter – er wurde zehntausendfach verbreitet. Auf Platz 56 rangierte das Wort zeitweise, im arabischsprachigen Raum sogar auf Platz eins. Der Grund dafür war eine riesige Propagandakampagne der Terrororganisation Islamischer Staat (IS). Mithilfe von mehr als 500 Twitter-Accounts verbreiteten ihre Anhänger am Samstag die Ankündigung für eine neue Audiobotschaft des IS-Sprechers Abu Mohammed al-Adnani. Produziert hatte sie al-Furqan Media, die Propagandaabteilung der Terroristen.

Der Kurznachrichtendienst Twitter geht seit einiger Zeit verzweifelt gegen islamistische Propaganda vor, sperrt oder löscht regelmäßig Tausende Nutzerkonten von Dschihadisten. Die jüngste Kampagne sollte daher wohl eine klare Botschaft auch in diese Richtung sein: Seht her, wir sind in sozialen Netzwerken nicht totzukriegen.

Die Flut von Tweets zur Audiobotschaft des IS-Sprechers wirkte tatsächlich geplant und gesteuert. Zahlreiche Twitter-Accounts waren offensichtlich nur für den Zweck gegründet worden, die Werbetrommel zu rühren. Und nicht nur das. Weltweit schrieben IS-Anhänger die Ankündigung der Audiobotschaft auf Zettel und stellten Fotos davon ins Netz.

Aus Großbritannien, Schweden, den Niederlanden und auch aus Deutschland tauchten solche Bilder bei Twitter und Telegram auf. Sie sollten wohl Angst machen – vor IS-Mitgliedern, die sich vermeintlich irgendwo in europäischen Großstädten aufhalten.

Twitter-Nutzer jagen die IS-Sympathisanten

Was zunächst nach gelungener Inszenierung aussah, könnte jedoch schon bald Folgen für einige Terrorsympathisanten haben. Der Blogger und Geolocation-Experte Elliot Higgins, der auf seiner Webseite "Bellingcat" bereits anhand von Fotos und Videos aus dem Internet den Abschuss des Flugzeugs MH17 über der Ukraine durch prorussische Milizen rekonstruierte, rief über Twitter zu einer ungewöhnlichen Aktion auf: den Aufenthaltsort der IS-Anhänger enttarnen.

Innerhalb weniger Stunden konnten Internetnutzer schließlich die Orte ausfindig machen, an denen die Terrorfans ihre Fotos aufgenommen hatten. Objekte im Hintergrund, Häuserblocks, Werbetafeln oder U-Bahn-Stationen waren dafür wichtige Hinweise. Demnach wurden die IS-Twitter-Fotos unter anderem im Norden von London, im Süden von Amsterdam – nahe dem Flughafen Schiphol –, im Norden von Paris und an einer Straßenkreuzung im nordrhein-westfälischen Münster aufgenommen.

Ein Sprecher der Polizei Münster erklärte auf Nachfrage der "Welt", man nehme den Sachverhalt "sehr ernst". In Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft werde darüber entschieden, wie man mit der Twitter-Veröffentlichung umgehen werde.

Sollten die Personen ausfindig gemacht werden, die für die Terrormiliz am Wochenende in Münster und auch in Köln Werbung machten, droht ihnen womöglich eine Haftstrafe. Denn in Deutschland dürfte die Social-Media-Aktion als klare Unterstützung einer terroristischen Vereinigung gewertet werden.

Quelle : welt.de

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