in der Resolution „Erinnerung und Gedenken an den Völkermord an den Armeniern und anderen christlichen Minderheiten in den Jahren 1915 und 1916" setzt sich der Deutsche Bundestag mit den Ereignissen vor 101 Jahren im Osmanischen Reich auseinander. Wir würden uns freuen, wenn sich der Bundestag alle historischen Fälle, vor allem wenn sich um menschliches Leid handelt, gleichermaßen ernst nehmen und die Geschichte nicht selektiv angehen würde.
Einer der größten Tragödien, die ebenso im Chaos des Ersten Weltkrieges ereigneten, war Massaker der Aserbaidschaner im März-April 1918, indem hunderttausende Frauen, Kinder und Männer durch die armenischen Verbände mit Brutalität ermordet wurden. Die Opfer waren neben den aserbaidschanischen Volkangehörigen auch viele Vertreter anderer ethnischen und religiösen Minderheiten - Juden, Lezgier, Talischen etc., die seit Jahrhunderten in Aserbaidschan eine friedliche Heimat haben. Die aserbaidschanischen Städte wie Baku, Guba, Schamachi, Maku, Khoj und zahlreiche Dörfer wurden durch die armenischen bewaffneten Gruppierungen zerstört und geplündert. Die armenischen Täter haben laut eigenen Worten diese Verbrechen als kollektive Racheaktion für die Ereignisse im Osmanischen Reich 1915-1916 begangen. Die Bevölkerung heutigen Aserbaidschans und der nördlichen Provinzen Irans wurde 1918 zum Opfer einer Vernichtungs- und Terroraktion, die eindeutig ein Völkermord war.
Die Bundestagsresolution vom 2. Juni fordert auf, dass sich die Türkei einer Aufarbeitung der Ereignisse vor 101 Jahren im Osmanischen Reich aufstellt, weil dies für die Genesung der armenischen Betroffenen und somit für die Annäherung zwischen den Völkern wichtig sei. Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass auch die Aserbaidschaner, Bergjuden, Talischen, Lezigier und andere Völker Aserbaidschans im eigenen Bewusstsein das Trauma eines Völkermords tragen, der von der Täter-Seite bisher nicht aufgearbeitet worden ist. Im Gegenteil sind die Hauptakteure der damaligen Gräueltaten von Armenien heroisiert worden. Die Hauptstadt der aserbaidschanischen Region Berg-Karabach, Khankändi (aus dem aserbaidschanischen übersetzt heißt „Königsdorf“) wurde nach der Gründung der Autonomie 1923 von den Armeniern in Bezug auf einen brutalen armenischen Kriegsherr der 1918-Ereignisse Stepan Schaumjan in Stepanakert umbenannt.
Die fehlende Aufarbeitung der historischen Ereignisse und die fehlende Verurteilung damaliger Täter hat Ende des 20. Jahrhunderts zu erneuten Massakern und Vertreibungen der Aserbaidschaner geführt. Im Berg-Karabach-Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan, der auf gleichen ideologischen-nationalistischen Motiven ausgebrochen ist wie die Massaker an Aserbaidschanern 1918, wurden eine Million Aserbaidschaner aus ihrer Heimat vertrieben, ihre Gebiete wurden ethnisch und kulturell gesäubert. Am 26. Februar 1992 wurden in der aserbaidschanischen Stadt Chodschali 613 Zivilisten, darunter 91 Frauen und 63 Kinder, von den armenischen Streitkräften umgebracht. Das Massaker von Chodschali ist aus einem einzigen Grund durchgeführt worden: weil die Bewohner der Stadt Chodschali Aserbaidschaner waren.
Wir wären dem Deutschen Bundestag dankbar, wenn er bei der Aufarbeitung der Geschichte der Armenier auch ihre dunklen Seiten, somit auch das Leid anderer Völker sehen und anerkennen würde. Wir glauben, dass die gewählten Volksvertreter eines demokratischen Landes die benötigte Gerechtigkeit und Unabhängigkeit besitzen, um die Traumata unseres Volkes genauso ernst zu nehmen und nicht zuzulassen, dass jegliche politische Faktoren zum Verhängnis ihrer Aufarbeitung werden.
Mit freundlichen Grüßen
Azerbaijan Student Network e.V.
Berlin, den 06.06.2016
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