Deutsche Großbanken hoffen auf Zinswende

  10 Juni 2016    Gelesen: 641
Deutsche Großbanken hoffen auf Zinswende
Es gibt kaum kontroversere Aktien wie die von Geldinstituten wie Deutsche Bank und Commerzbank. Die Verluste sind in diesem Jahr enorm und für eine Trendwende muss der Anleihenmarkt mitspielen. Ist die Zeit reif dafür?
Völlig geteilter Meinung sind die Analysten über die Aussichten der Aktie der Deutschen Bank: Während Goldman Sachs zuletzt ein Kursziel von 22,80 Euro ausgegeben hatte, liegt das der UBS bei lediglich 15,50 Euro und das der Société Générale sogar bei lediglich 12 Euro.

Der Kurseinbruch um ein Drittel gegenüber Ende 2015 - womit die Aktie seit Jahresbeginn der mit weitem Abstand größte Verlierer im Dax ist - zeigt, dass die Investoren die Perspektiven für Deutschlands größtes Geldhaus zunehmend skeptisch einschätzen. Sorgen bereitet Investoren das hohe Engagement der Bank im Derivate-Bereich. Ende 2015 lag es bei herben 41,9 Billionen Euro, davon 32,9 Billionen im Anleihen-Bereich und 6,4 Billionen im Währungs-Bereich.

Weiterer Zinsrückgang wäre Gift

Das größte Problem schlummert allerdings am Anleihenmarkt, weil die Deutsche Bank einer der größten Anleihehändler der Welt ist. Ein Zinsrückgang beziehungsweise steigende Anleihekurse wie es derzeit zu beobachten ist, schaden der Aktie. Wenn die Anleihekurse immer weiter steigen, haben die Kunden der Bank, etwa Versicherungen und Pensionsfonds, weniger Grund, mit den Papieren zu handeln. Dadurch sinken das Handelsvolumen und gleichzeitig die Verdienstmöglichkeiten.

Immerhin haben die Sorgen der Investoren in den vergangenen drei Monaten etwas nachgelassen, wie nicht nur der Seitwärtstrend bei der Aktie, sondern auch die Credit Default Swaps (CDS) zeigen. Die Papiere, mit denen Investoren auf einen Ausfall der Anleihen des Instituts wetten, tendieren ebenfalls seit etlichen Monaten seitwärts. "Zu neuem Kursdruck auf die Aktie der Deutschen Bank könnte es aber wieder kommen, wenn die Zinsen, gerade in der Eurozone, weiter sinken", sagt Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst bei CMC Markets.

Sinkende Zinsen bedeuten auch für die Commerzbank Gegenwind. Gerade der Bereich Mittelstandsbank, also das Firmenkundengeschäft, bekommt den zunehmenden Druck auf die Zinsmarge zu spüren. Bei der Vorlage der Quartalszahlen Anfang Mai sagte der neue Vorstandschef Martin Zielke, dass es nach dem schwachen Jahresauftakt "deutlich ambitionierter" werde, den Gewinn auf dem Vorjahresniveau von einer Milliarde Euro zu halten.

Bankenkrise in Italien verschärft sich

Eine zusätzliche Belastung für die Aktien der deutschen Banken könnten anhaltend schlechte Nachrichten von den Wettbewerbern aus der Eurozone sein. Zuletzt hatte die spanische Banco Popular Espanol für Unruhe in der Branche gesorgt, als das Institut bekanntgegeben hatte, eine Kapitalerhöhung von 2,5 Milliarden Euro vorzubereiten - nur einen Monat nachdem der Vorstand gesagt hatte, das Kapital sei ausreichend.

In Italien wollen die Banco Popolare SC und die Veneto Banca die Investoren um jeweils eine Milliarde Euro anzapfen, nachdem sich der Konkurrent Banca Popolare di Vicenza an den staatlichen Rettungsfonds wenden musste, angesichts der schwachen Nachfrage nach seinen Papieren. Etliche Experten befürchten, dass der Rettungsfonds viel zu klein ist, denn die italienischen Institute sitzen auf rund 200 Milliarden Euro an notleidenden Krediten. Laut den Schätzungen der EZB summiert sich der Wert für die Geldhäuser der Euro-Zone insgesamt auf horrende 1,2 Billionen Euro.

Die Besitzer von europäischen Bankaktien sollten vor allem den Anleihenmarkt genau im Auge haben. Sollten die Zinsen sich stabilisieren oder sich nach dem jüngsten Rückgang wieder erholen, dürfte das positiv für die Aktienkurse der Banken sein. Umgekehrt würden sich die Perspektiven für die Geldhäuser weiter eintrüben und damit für neuen Druck auf die leidgeprüften Anleger sorgen.

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