“Bei uns darf man nur gründlich geduscht ins Wasser“

  11 Juni 2016    Gelesen: 774
“Bei uns darf man nur gründlich geduscht ins Wasser“
Muslimischen Frauen ist im Hallenbad von Neutraubling der Burkini verboten. Badegäste hatten sich über eine Muslimin mit Schwimmanzug beschwert. Bürgermeister Kiechle erklärt das Verbot.

Herr Bürgermeister, Ihre Entscheidung, dass muslimische Frauen nicht mehr im Burkini im Hallenbad von Neutraubling baden dürfen, sorgte für Aufsehen in ganz Deutschland. Wundert Sie das?

Heinz Kiechle: Also zunächst sind die Reaktionen, die ich aus ganz Deutschland bekomme und die mich persönlich erreichen, weit überwiegend positiv. Auf offener Straße, beim Einkauf oder beim Friseur höre ich, die Kunden fänden die Entscheidung richtig.
Meine Mitarbeiterinnen sagen mir, dass sogar Leute aus ganz Deutschland schreiben oder anrufen. Geschätzt gut 75 Prozent der Reaktionen sind positiv. Aber im Internet habe ich das kennengelernt, was man wohl einen Shitstorm nennt. Da wurde ich sogar als Rassist bezeichnet, das ist absurd.

Wie kam es denn eigentlich zum Burkini-Verbot?

Der Auslöser war völlig harmlos. Kommunale Satzungen für Bäder sind oft Jahrzehnte alt, so auch unsere. Damals dachte man im Traum nicht daran, dass es einmal Burkinis bei uns gibt. Da wird im Laufe der Jahre nur gelegentlich etwas geändert, bei uns geschah das zuletzt 2005.


Wirklich nachgelesen habe ich aber erst, als es Beschwerden gab von Besucherinnen aus Regensburg, die eine Frau im Burkini sahen und mich per Mail fragten, wie hygienisch das denn sei. Die schrieben mir: Müssen wir Deutschen uns denn alles gefallen lassen?

Da habe ich unser Personal befragt. Man bestätigte mir, dass es einen Disput zwischen einzelnen Badegästen und einer Burkini-Trägerin gab. Unsere Benutzungssatzung weist darauf hin, dass Baden nur in "allgemein üblicher Badebekleidung" gestattet ist.

Gab es denn überhaupt Frauen mit Burkini im Hallenbad Neutraubling?

Nur diese eine, vor Jahren bei meiner Bürgermeistervorgängerin auch einmal eine. In der Regel ist am Frauenbadetag auch eine weibliche Bademeisterin anwesend. Aber die Wassergymnastik wird von einem Mann gemacht – und da wollte sie daran teilnehmen.

Und dann haben Sie einen Hinweis aufgehängt mit dem Burkini-Verbot?

Nein, ich habe lediglich den Absatz aus der Benutzungssatzung groß ausdrucken lassen, ergänzt um, in Klammern: Badeanzug, Badehose und Bikini sind erlaubt. Von Burkini ist da überhaupt keine Rede. In der Berichterstattung wurde jetzt meistens ein Foto genommen, wo die ansehnlichste Form des Burkini dargestellt wurde.

Aber es gibt auch andere, beispielsweise mit wallenden Gewändern. Da fragen viele unserer Badegäste: Wie kann man sich denn vorher mit so etwas überhaupt duschen, bevor man ins Wasser geht? Und das ist eben bei uns auch in der Satzung geregelt, dass man nur gründlich geduscht ins Wasser darf, wie vermutlich in allen Hallenbädern.

Ihnen wird vorgeworfen, antimuslimisch zu sein. Ist da was dran?

Wir sind eine Flüchtlingsstadt, die nach dem Zweiten Weltkrieg erst entstanden ist. Bei uns leben über 80 Nationen friedlich zusammen. Wir haben die erste Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge im Landkreis bekommen, ohne Proteste, und haben uns sehr um die Flüchtlinge gekümmert. Und ich glaube, kaum ein Bürgermeister im Landkreis Regensburg war so oft vor Ort wie ich.
Ich habe schon als Religionslehrer in den 80er-Jahren Klassen in die Moschee mitgenommen, da wussten viele noch gar nicht, dass wir hier in Neutraubling überhaupt eine haben. Unsere islamische Gemeinde ist immer bei Stadtfesten beteiligt, wie ich auch immer wieder unsere islamische Gemeinde besuche.

Aber mir jetzt vorzuwerfen, ich wäre gegen Moslems, das ist schon absurd. Mich hat die Übersetzerin unserer muslimischen Gemeinde angerufen und wollte wissen, was es denn nun auf sich hat mit dem Burkini-Verbot. Als ich ihr das erklärte, zeigte sie Verständnis und sagte am Ende des Gesprächs: Dann sehen wir uns ja beim Fest zum Fastenbrechen.

Quelle: n24.de

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