Und die Deutschen? Nun ja.
Tore: Fast Özil, fast Milik.
War es ein spannendes Spiel?
Och. Je nach persönlicher Interessenlage könnte man jetzt heftig nicken oder ziemlich intensiv gähnen. Gehören Sie zu den ersten, tauchen Sie häufig in Taktikanalysen ein, die sich länger ziehen als die Fahrt von Berlin nach Warschau. Gehören Sie zur zweiten Sorte, haben Sie das Spiel so gesehen, wie vermutlich die Mehrheit der deutschen Fans.
Vor allem die Zuschauer, die nur alle zwei Jahre einschalten, dürfen mit diesem Abend nicht zufrieden sein. Warum bitte, wenn Sie als schlandender Fan schon mal tapfer am Donnerstagabend 90 Minuten opfern, schießt niemand ein Tor? Auch nicht Schweinsteiger? Er spielte nicht mal. Also bitte. Abnutzungskampf, sagte der Bundestrainer nach dem Spiel. Belassen wir es dabei.
Was waren die Highlights der ersten Halbzeit?
Und in der Zweiten?
Steigerte sich das Niveau innerhalb von Sekunden. Die Teams kamen aus der Kabine, bum, Kopfball Milik, bum, Schuss Götze, das Spiel lebte, pulsierte, es atmete im gleichen hechelnden Takt wie Edel-Joker Bastian Schweinsteiger nach seinem Tor und seinem Sprint zur Bank am Sonntag. Doch dann wurde es wieder ähnlich zu bislang jedem Duell dieser Vorrunde: Spieler rennen, verteidigen, rackern sich in den Strafraum, scheitern, rennen weiter, werden müde, rennen plötzlich nicht mehr so viel und große Chancen entstehen.
Gut, beim letzten Teil dieser Aufzählung muss man dieses Mal schon großzügig urteilen. Nur wenige Möglichkeiten gab es für Deutschland, Mesut Özil hatte die Beste. Er schoss kurz vor dem Ende einmal scharf aus zehn Metern, doch Polens Torhüter Fabianski hielt. Polen beließ es dabei, Manuel Neuer mit Kontern näher zu kommen. Klappte einige Male ganz gut. Arkadiusz Milik hätte aus elf Metern nach einem Pass auf ihn gefährlich werden können, wollte aber nicht: Er schlug ein Luftloch. Immerhin ein schönes.
Warum blieb es beim 0:0?
Die Polen können damit hervorragend leben. Sie haben nach dem überraschenden 2:0-Sieg der Nordiren gegen die Ukraine ein paar Stunden vorher zwar nur den dritten Rang inne. Zum einen aber spielen sie am Ende gegen die bereits ausgeschiedene Ukraine. Und zum anderen kommt in dieser Vorrunde ja eh jeder weiter, der fehlerfrei geradeaus laufen kann.
Und die Deutschen? Nun ja. Müller, Götze, Özil: Sie üben den Weg zum Tor bislang nur im Stillen auf dem Trainingsplatz am Genfer See. Dort vermutlich aber auch nur in den Badepausen. Mitte der zweiten Halbzeit tankte sich Höwedes einmal durch, flankte mit links zum Mitspieler an der anderen Eckfahne, den nur er gesehen hatte, der also nicht da war und der Ball rollte ins Aus. Höwedes ist Innenverteidiger, spielt im Nationalteam aber rechts außen und damit ist das Problem eigentlich umrissen.
Was machte Mats Hummels?
Er grätschte so, als müsse er ständig die Rasenhöhe kontrollieren. Die künftige Bayern-Innenverteidigung Hummels-Boateng-Neuer dufte sich das erste Mal bei dieser EM ausprobieren und sie machte es gut. Hummels zeigte Härte, Boateng lief alles zu. Neuer machte gar nichts, weil er nicht musste. Auch schön: Weil die Polen sich mit allen Spielern minus Lewandowski um ihren Strafraum vergruben, hätten die Bayern-Verteidiger mit ihrem polnischen Stürmer-Kumpel an der Mittellinie über den neuen Trainer Carlo Ancelotti reden können. Oder Lewandowski hätte ihnen die Vorzüge geschäftstüchtiger Berater erläutern können. Weiß man nicht, ob eines von beiden passiert ist.
Es war ein Risikospiel. Gingen die Schläger aufeinander los?
Es sah nicht danach aus. Die Polizei war im Gegensatz zu anderen Tagen vorbereitet und zeigte sich präsent. Tagsüber hatten deutsche Polizisten an der Grenze schon ein paar Streitwillige aus den Zügen gezogen, sie kamen aus Dresden. Ein zaghafter Stimmungswandel deutet sich bei diesem Turnier an, die vernünftigen scheinen zu gewinnen. Hoffentlich bleibt es dabei.
Wo waren Joachim Löws Hände?
In der Luft. In den Hosentaschen. Auf den Schultern seiner Einwechselspieler. Mehr muss man dazu aber auch wirklich nicht mehr schreiben.