Sie erhoffen sich vor allem einen wirtschaftlichen Aufschwung: mehr Handel, Direktinvestitionen und Finanzspritzen durch die EU. Risiken wie ein möglicher Austritt Großbritanniens oder die Flüchtlingskrise schrecken die Bewerber kaum ab.
Insbesondere Montenegro hat dabei gute Chancen auf eine Mitgliedschaft: Seit Verhandlungsbeginn im Jahr 2012 hat das Land bereits zahlreiche Reformen umgesetzt. Der Staat richtete eine Antikorruptionsbehörde ein, frühere Präsidenten und Vize-Parteichefs wurden festgenommen.
Strenge Voraussetzungen
Der EU beitreten zu können, ist nicht einfach: In derzeit 35 Kapiteln werden politische, wirtschaftliche und gemeinschaftliche Bedingungen aufgelistet, die jedes Bewerberland erfüllen muss. Diese Umsetzung dauert oft viele Jahre.
Auch Serbien wurde im vergangenen Jahr in das Bewerbungsverfahren aufgenommen. Noch hat das Land allerdings viele Hürden zu bewältigen. Darunter fällt beispielsweise auch das schwierige Verhältnis zum Kosovo. Bekommt Serbien diesen Konflikt bis 2019 nicht in den Griff, sieht das Bündnis schwarz für einen Beitritt. Wie EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn direkt zu Verhandlungsbeginn betonte, ist die EU nicht mehr bereit, einen Bewerber aufzunehmen, der Grenzprobleme mit Nachbarn hat. Selbst mit Kroatien hat es sich der Balkanstaat verscherzt. Grund ist ein Kriegsverbrechergesetz, das sich im Falle eines EU-Beitritts Serbiens nachteilig für Kroation auswirken könnte.
Türkei-Beitritt utopisch
Serbiens Weg zur EU-Mitgliedschaft wird zwar ein langer sein, aber unrealistisch ist er keineswegs. Ganz anders stellt sich die Situation wiederum bei den Verhandlungen mit der Türkei dar. Die Gespräche über einen möglichen Beitritt laufen schon seit 2005, doch Fortschritte gab es bisher so gut wie keine.
Zwar sind die EU und die Türkei hinsichtlich der Flüchtlingskrise wieder etwas zusammengerückt, dennoch überwiegen die politischen Probleme im Land: Unter der Führung von Präsident Recep Tayyip Erdogan werden religiöse Gruppen nicht als Minderheiten anerkannt, oft sogar verfolgt. Von Meinungs- und Pressefreiheit können die Türken derzeit nur träumen. "Es wird unter Erdogan keinen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union geben", sagt Politikwissenschaftler Burak Çopur im Gespräch mit dem Magazin "Wirtschaftswoche".
Albanien und Mazedonien müssen sich wiederum noch etwas gedulden. Sie warten derzeit auf die Aufnahme der Verhandlungen. Die EU fordert von beiden Ländern vor allem mehr Anstrengungen im Kampf gegen Korruption und organisiertes Verbrechen.
Ganz so weit sind Bosnien und Herzegowina sowie das Kosovo noch nicht. Sie gelten als "potentielle EU-Beitrittskandidaten". Dieser Titel entspricht der Vorstufe zu Beitrittsverhandlungen und umfasst erste Gespräche mit der EU.
Keine Lust auf die EU
Doch es gibt auch einen Beitrittskandidaten, den die EU offenbar nicht mehr lockt: Erst in der vergangenen Woche zog die Schweiz ihr Beitrittsgesuch nach 24 Jahren zurück. Ganz überraschend kam das nicht, schließlich wurden bereits 1992 die Verhandlungen nach einer ersten Volksabstimmung gegen eine EU-Mitgliedschaft eingefroren. Auch eine weitere Volksabstimmung im Jahr 2001 lieferte kein anderes Ergebnis. Die Schweizer schätzen ihre hohe Lebensqualität und die niedrige Arbeitslosenquote sehr. Ein EU-Beitritt könnte das gefährden, befürchten sie.
Quelle: n-tv.de
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