Ernährungsministerium plant Alternative zum Mindesthaltbarkeitsdatum

  09 Juli 2016    Gelesen: 420
Ernährungsministerium plant Alternative zum Mindesthaltbarkeitsdatum
Obst, Gemüse, Milchprodukte: Etliche Kilo Lebensmittel schmeißt jeder Deutsche pro Jahr weg - obwohl die Produkte noch gut sind. Nun will das Ernährungsministerium ein "Verbrauchsverfallsdatum" einführen.
Verbraucher sollen künftig bei leicht verderblichen Lebensmitteln deutlich detaillierter als bislang über die Haltbarkeit bis zur Ungenießbarkeit informiert werden. Nach den Vorstellungen von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt soll es dafür neben dem bisher auf Produkten vermerkten Mindesthaltbarkeitsdatum ein "Verbrauchsverfallsdatum" geben.

Ziel der Neuerung sei es, "dass die Verbraucher einen Korridor erkennen können zwischen Mindesthaltbarkeit und dem tatsächlichen Verfall eines Produkts", sagte der CSU-Politiker der "Rheinischen Post". Der Anteil an Lebensmitteln, die in den Müll wandern, soll so deutlich reduziert werden.

Viele Verbraucher interpretierten heute den Aufdruck als Verfallsdatum und schmissen nach Ablauf zum Beispiel einen noch genießbaren Joghurt ungeöffnet weg, sagte Schmidt: "Das muss nicht sein." Bei haltbaren Produkten wie Nudeln oder Kaffee soll das Mindesthaltbarkeitsdatum aus Schmidts Sicht ganz wegfallen.

Schmidt hatte im März eine Abschaffung des Haltbarkeitsdatums angekündigt. Die meisten Produkte seien erheblich länger verwendbar als auf den Verpackungen stehe, sagte er: "Wir werfen massenweise gute Lebensmittel weg, weil die Hersteller zu große Sicherheitspuffer eingebaut haben."

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hatte 2012 in einer Studie ermitteln lassen, dass jedes achte Lebensmittel, das wir einkaufen, in der Mülltonne landet - die meisten noch in Originalverpackung. Pro Kopf und Jahr sind das etwa zwei volle Einkaufswagen mit Lebensmitteln im Wert von 235 Euro, die wir wegwerfen.

Am häufigsten im Müll landen laut Studie Obst und Gemüse (44 Prozent), Backwaren (15 Prozent), Speisereste (12 Prozent) und Milchprodukte (8 Prozent). Dabei verbrauchen einige Lebensmittel viel Energie bei der Herstellung: In die Produktion von einem Kilo Käse beispielsweise fließen 5000 Liter Wasser. Ein Kilo Rindfleisch verbraucht 15.000 Liter.

Kritiker bemängeln schon seit Langem, dass Verbraucher das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) als Verfallsdatum interpretieren. Mit dem MHD garantiert der Hersteller jedoch lediglich, dass Farbe, Geruch und Geschmack des ungeöffneten Lebensmittels bei richtiger Lagerung bis zu diesem Tag erhalten bleiben. Die meisten Lebensmittel verwandeln sich am darauffolgenden Tag aber nicht in eine ungenießbare Masse, sondern sind oft noch lange danach essbar.

Schmidt schwebt zudem vor, dass es in Zukunft "intelligente Verpackungen" geben soll. "In Verpackungen wie Joghurtbechern kann man elektronische Chips einbauen", sagte der Minister im März. "Sie ermitteln, wie sich das Produkt von Tag zu Tag verändert. Eine Farbskala von Grün bis Rot zeigt an, wie es um die Verzehrbarkeit steht." Jeder Verbraucher könne dann selbst entscheiden, bis zu welchem Grad er das Nahrungsmittel noch verwenden will.

Mülltauchen, Dumpstern, Containern
Die Begriffe sind synonym und bezeichnen den Vorgang, weggeworfene und noch verzehrbare Lebensmittel aus Mülltonnen zu holen und sich davon zu ernähren. Weitere Bezeichnungen (in USA und England): garbage picking, dumpster diving, skipping. Die Motive von Mülltauchern können ethischer Natur sein, beispielsweise eine kritische Haltung zur Konsum- und Wegwerfgesellschaft. Aber viele tun es auch aus finanziellen Gründen, zum Beispiel Studenten. Mülltaucher müssen auch nicht zwingend einer besonderen ethischen Überzeugung unterliegen, sind daher nicht unbedingt Freeganer. Auch ihre Ernährungsweise ist in der Regel normal, Mülltaucher sind also auch nicht automatisch Vegetarier oder Veganer. Weitere Informationen dazu findet man etwa unter containern.de.

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