Deutschland und Niederlande: Kein Steuergeld für Italiens Banken

  12 Juli 2016    Gelesen: 760
Deutschland und Niederlande: Kein Steuergeld für Italiens Banken
Die Nord-Europäer wollen eine Rettung der italienischen Banken mit Steuergeldern keinesfalls akzeptieren. Die Finanzindustrie macht Druck und überbietet sich in apokalyptischen Schreckensvisionen. Das Ziel der Kampagne: Die Regierungen sollen aus Angst ins Staatssäckel greifen, und das nächste Milliarden-Loch der Banken stopfen.
Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble pochen bei möglichen Hilfen für Italiens Banken auf der Anwendung der bestehenden EU-Regeln. Es gebe für alle möglichen Fälle Lösungsansätze in der Richtlinie zur Bankenabwicklung (BRRD), sagte Schäuble am Montag vor Beratungen der Eurogruppe in Brüssel. „Nur – an die muss man sich halten, sonst brauchen wir uns keine Regeln zu geben.“

Zunächst müssten aber die Ergebnisse des Stresstests der EU-Bankenaufsicht abgewartet werden, die in der zweiten Julihälfte vorliegen sollten. „Bevor wir die Ergebnisse haben, verbieten sich Spekulationen“, sagte der CDU-Politiker. Er rechne nicht damit, dass Italien schon an diesem Montag einen Antrag auf Ausnahmen bei der Anwendung der EU-Bankenregeln stellen werde.

Dijsselbloem verwies darauf, dass die EU-Kommission und die EU-Bankenaufsicht EBA mit der italienischen Regierung Lösungen bei der Anwendung der EU-Richtlinie finden müssten. Die Probleme von Italiens Geldhäusern mit faulen Krediten seien nicht neu. Es werde dafür nicht eine große Lösung geben. Das Thema stelle indes keine akute Krise dar.

Dijsselbloem wörtlich:

„Es gab immer und wird immer Banker geben die sagen, dass sie mehr öffentliches Geld brauchen um ihre Banken zu rekapitalisieren…und ich werde mich scharf dagegen wehren, weil es letztendlich immer wieder die Steuerzahler treffen wird.“

„Die Probleme mit den Banken müssen in den Banken und durch die Banken geklärt werden.“

„Ich denke, dass sie konstruktiv verhandeln um zu versuchen, Lösungen innerhalb der europäischen Rahmengesetze zu finden. Ja, es gibt Probleme mit faulen Krediten in den italienischen Banken, aber das ist nichts Neues. Darum muss man sich kümmern. Darum wird sich schrittweise gekümmert werden. Es wird keine großen Lösungen geben.“

„Es ist keine akute Krise. Das gibt uns etwas Zeit, die Dinge zu ordnen. Solange die italienischen Behörden und die Bankenaufsicht konstruktiv verhandeln, denke ich, sollten wir ihnen die Zeit geben, dies zu tun.“

„Die EU-Abwicklungsregeln sind klar. Sie sind auch strikt im Hinblick darauf, dass sie sehr genau aufzeigen, wenn es einen Bail-in geben muss und wer in welcher Reihenfolge herangezogen werden muss. Und innerhalb dieses Rahmens kann eine Lösung immer noch gefunden werden. Ich meine, es wird hin und wieder Probleme mit Banken geben. Und es ist immer noch möglich. Aber es muss innerhalb der Regeln passieren.“

Der österreichische Finanzminister Schelling sekundierte Schäuble und Dijsselbloem: „Europa hat ein paar Regeln, aber an die muss man sich halten. Wir können die Regeln nicht alle 2 Jahre neu aufstellen. Wenn wir uns Regeln geben, müssen wir diese anwenden…Was in Italien geschieht, hat nichts mit dem Brexit zu tun. Die faulen Kredite, welche in eine Bad Bank umgeladen werden sollen, gibt es seit vielen Jahren und sie haben nichts zu tun mit dem Brexit. Man sollte den Brexit nicht als Entschuldigung für seine eigenen Versäumnisse benutzen. Ich erwarte, dass man eine harte Haltung (gegen Italien) einnehmen wird.“

Die Banken haben über das Wochenende den Druck auf die EU erhöht: „Angesichts der Verflechtungen im System hat dies das Potenzial, über Italien hinaus zugehen“, sagt Marktanalyst Michael Hewson von CMC Markets. Auch Volkswirt Neil MacKinnon von VTB Capital sieht diese Gefahr: „Ohne schnelle Lösung dieser Probleme, gibt es das Risiko einer weiteren Bankenkrise in der Eurozone.“ Bereits zuvor hatte die Deutsche Bank eine Bankenrettung aus Steuermitteln gefordert, assistiert, wenngleich in milderen Worten, von der Commerzbank.

Besonders apokalyptische Töne hat ein ehemaliger Notenbanker angeschlagen: Der ehemalige Schweizer Zentralbankchef Philipp Hildebrand fürchtet, dass es nach dem Brexit-Votum in Europas Finanzsektor zu einer „Katastrophe“ kommen könnte. „Jetzt kommt so etwas wie die zweite Welle – neun Jahre nach der Finanzkrise“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“ vom Montag. Europa habe es in dieser Zeit verpasst, das Bankensystem zu sanieren. „Das war ein riesiger Fehler.“

Immer, wenn etwas schiefgehe – so wie jetzt das Votum der Briten für ein Ausscheiden aus der Europäischen Union -, komme an den Finanzmärkten die Frage auf, ob Europas Banken wirklich stabil seien. Es sei eines der großen Versäumnisse Europas, „dass wir das Bankenproblem immer unter den Teppich gekehrt haben“, kritisierte Hildebrand, mittlerweile Vize-Chef der US-Vermögensverwaltung Blackrock.

Dass Italien seinen Geldinstituten nun mit Steuergeld helfen will, begrüßte Hildebrand. Wenn die Finanzstabilität gefährdet sei, dann dürfe ein Euro-Staat seinen Bankensektor mit frischem Kapital ausstatten, sagte er der Zeitung. Er sei „fest davon überzeugt, dass Italien nun seine Banken rekapitalisieren muss, um Schlimmeres zu verhindern“.

Italien will Medienberichten zufolge beim Treffen der Euro-Finanzminister am Montag in Brüssel die Zustimmung zu einem Bankenrettungsplan einholen. Dazu müsste Rom eine Ausnahmeklausel der neuen EU-Abwicklungsregeln für Banken nutzen.

Die italienische Regierung ist nach der Finanzkrise untätig geblieben und hat tatenlos zugesehen, wie der Berg an faulen Krediten immer höher wurde. Bankaktien des Landes waren zuletzt an der Börse schwer unter Druck geraten, wofür der Brexit als willkommene externe Ursache herangezogen wird. Italiens Notenbank hat deshalb Staatshilfen gefordert.

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