Akuei Bona Malwal weiß vermutlich auch nicht, wie er der Welt noch erklären soll, was gerade im Südsudan passiert. Seit einer Woche erst ist er der neue UN-Botschafter des Landes. Hier, einen Steinwurf vom UN-Hauptgebäude entfernt im fünften Stock des Uganda-Hauses, sitzt er im Gespräch mit dem ARD-Hörfunk in New York und bittet die Welt: "Gebt uns Südsudanesen nicht auf."
Irgendwann kriege sein Volk es hin und werde ein Land sein, das etwas beizutragen habe zur Staatengemeinschaft. Eigentlich hätte der neue UN-Botschafter, der studierte Kunsthistoriker und verheiratete Vater eines Kindes, am Wochenende nach Juba fliegen sollen. Feiern. Fünf Jahre Unabhängigkeit. Aber die Feier fiel aus. Erst war kein Geld dafür da und dann begann auch noch das Morden in den Straßen.
"Wenn Sie nach meiner Stimmung fragen, ist mir nicht zum feiern. Wir hatten es seit 2013 mit einem Krieg zu tun, den wir uns selbst beschert haben. Wir stehen in einer Ecke, in die wir nicht gehören."
"Da reicht manchmal ein falscher Blick"
Zehntausende Tote. 2,2 Millionen Flüchtlinge. Ein ressourcenreiches, mit Öl gesegnetes Land, in dem 4,3 Millionen Menschen vom Hunger bedroht sind. Zwei führende Politiker, die Krieg führen. Frieden schließen und wieder schießen lassen. Der UN-Botschafter Südsudans - heute wird er im Sicherheitsrat sitzen und erklären müssen, was niemand verstehen mag. Ethnie gegen Ethnie. Ein Land, aufgefressen vom Hass. "Schauen sie", sagt der Botschafter, "zwei Jahre haben sich die Lager bis auf Blut bekämpft. Jetzt stehen beide Truppen in Juba. Da reicht manchmal schon ein falscher Blick."
Das sind Erklärungsversuche des UN-Botschafters eines Landes, auf das sie vor fünf Jahren, als sie den Südsudan hier in New York aus der Taufe hoben, große Hoffnungen setzten, im Sicherheitsrat "mit Genugtuung" die Bereitschaft Südsudans feststellten, alle Verpflichtungen der UN-Charta zu erfüllen.
Der Streit um die Waffen
Der damalige deutsche Außenminister Guido Westerwelle feierte als Präsident des Sicherheitsrates 2011 das, was heute in Trümmern liegt. Gerade hat der UN-Beauftragte zur Verhinderung von Völkermord vor einem möglichen Genozid im Südsudan gewarnt. Und Ban Ki Moon ist es leid, dass unter anderen Russland und China das Land weiter mit dem versorgen, was das Morden möglich macht: Waffen.
"Ich verlange ein sofortiges Waffenembargo gegen den Südsudan", so Ban Ki Moon ungewöhnlich undiplomatisch vor den Türen des UN-Sicherheitsrats. Botschafter Malwal mag von einem sofortigen Waffenembargo nichts hören. Das helfe wenig, sagt er. Auch dass in seinem Land Kindersoldaten in Uniformen stecken, kämpfen und sterben, ist für ihn den Umständen geschuldet. Niemand zwinge die Kinder, das sei der einzige Lebensunterhalt, der das Überleben sichert. "Wenn es mehr Schulen, Erziehung gibt - irgendwann - dann hört auch das auf."
Es gibt Hoffnung. Irgendwann
Die Vereinten Nationen wollen einen Gerichtshof, der alle Kriegsverbrechen aufarbeitet. Nur wenn es Rechenschaft gibt, gibt es auch Gerechtigkeit und Frieden, so das Motto. Der Botschafter sagt, sie bräuchten kein Gerichte für die Versöhnung.
Der Südsudan ist zur Stunde weit weg von UN-Charta und Demokratie. Der Sicherheitsrat jedenfalls wird heute das weitere Vorgehen diskutieren. Mehr Blauhelme? Mögliche Truppen afrikanischer Nachbarn, die militärisch robust die Parteien trennen können? Botschafter Malwal, der studierte Kunsthistoriker, bleibt dabei: Es gebe Hoffnung für den Südsudan, ein gutes jüngstes Mitglied der UN-Familie zu werden. Irgendwann.
Quelle: tagesschau.de
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