Wie das deutsche Wort “Putsch“ Weltkarriere machte

  20 Juli 2016    Gelesen: 565
Wie das deutsche Wort “Putsch“ Weltkarriere machte
Auch ausländische Medien nannten den versuchten Staatsstreich in der Türkei "Putsch". Seine globale Karriere verdankt das Wort dem üblichen Verdächtigen. Erfunden wurde es aber nicht in Deutschland.
Der Putsch ist gescheitert, aber Putsch hat gewonnen. In den internationalen Schlagzeilen und in fremdsprachigen Tweets zur Türkei entdecken Deutsche ein vertrautes Wort. "Le Monde" schrieb vom "putsch raté", "The Atlantic" machte sich Gedanken über "Turkey`s Putsch and the democratic dilemma", und "Il giornale" zitiert einen in der Türkei lebenden Italiener: "Per noi il putsch è stato un vero trauma." In spanischen Wörterbücher ist das Wort zwar nicht verzeichnet, doch in die DDR geflüchtete Chilenen bezeugten, dass man den Staatsstreich des Militärs gegen Salvador Allende 1973 in ihrem Heimatland auch als Putsch bezeichnete.

Franzosen kennen Putsch seit 1921

Seine globale Karriere verdankt das deutsche Wort der unruhigen Zeit in Europa nach dem Ersten Weltkrieg, als überall die Nationen, die Grenzen und die poltischen Systeme neu sortiert wurden. Ins Französische ging Putsch 1921 ein, ein Jahr nachdem in Deutschland ein gewisser Herr Kapp, den nach ihm benannten Aufstand gegen die demokratisch gewählte Reichsregierung in Berlin inszeniert hatte. Im Englischen lässt es sich sogar schon 1919 belegen; da prophezeite die "New York Times", es sei "not likely", dass in Österreich in der nahen Zukunft "a monarchist counter-revolutionary movement, or Putsch" erfolgreich sein werde.

So richtig populär wurde der Germanismus in anderen Weltsprachen aber erst durch jenen Mann, der im November 1923 mit seinen Gesinnungsgenossen zur Feldherrnhalle in München marschierte, um die Regierung zu stürzen. Den Hitler-Putsch beschreibt "Collier`s" im gleichen Jahr ironisch: "The Putsch army announces publicly that it will fight to the death, an` barricades itself in a Brauhaus." Und 1931 ordnet die Zeitschrift "Outlook" einen faschistischen Staatsstreichsversuch in Österreich ein: "The putsch was the work of the Heimwehr, the Fascist military organization which hopes to establish a dictatorship in Austria as the Hitlerites hope to establish one in Germany." Als die Hoffnungen sich erfüllt hatten, gab Hitler dem Wort noch einmal einen weiteren Popularitätsschub, indem er seine Abrechnung mit der SA-Führung 1934 mit einem drohenden Röhm-Putsch rechtfertigte.

Das Wort Putsch kommt aus der Schweiz

Das Wort Putsch ist die Schöpfung eines Landes, das man heute gar nicht mehr mit politischen Unruhen verbindet: In den Vierzigerjahren des 19. Jahrhunderts wird es aus dem Schweizerischen ins Standarddeutsche übernommen. Zugrunde liegt ein seit 1431 bezeugtes mundartliches Wort für "Knall", das schon im 16. Jahrhundert die übertragene Bedeutung "plötzlicher Vorstoß" angenommen hatte. Durch eine Reihe von Aufständen in der deutschsprachigen Schweiz der 1830er-Jahre wurde Putsch schließlich auch in die deutschsprachige Presse katapultiert. Dort verdrängte es das ältere coup d`etat und koexistiert heute mit dem gleichbedeutenden Staatsstreich.

Quelle : welt.de

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