Der Sturm auf Aleppo steht bevor

  22 Oktober 2015    Gelesen: 651
Der Sturm auf Aleppo steht bevor
Die Bewohner von Aleppo verlassen in Scharen die Stadt. Die Regierungstruppen scheinen sich auf einen Sturm vorzubereiten. Ob Assad sein Ziel erreicht, ist fraglich.

In Aleppo zeigt sich die ganze Katastrophe des syrischen Bürgerkriegs wie in einem Vergrößerungsglas: Die Metropole ist geteilt zwischen regimetreuen Truppen im Westen und Rebellen im Osten. Im Norden gibt es einige Stadtteile unter kurdischer Kontrolle. Die Fronten zwischen den Parteien verlaufen nicht gerade, sondern zerklüftet. Die Versorgungswege laufen spiralförmig nach außen. Jede Seite muss Angst haben, dass sie einen wichtigen Korridor an die andere Seite verliert und dann eingeschlossen ist. Immer mal wieder verschieben sich Fronten und die zurückgelassenen Straßenzüge werden geplündert.

Keine der Seiten war bislang stark genug, die Stadt unter Kontrolle zu bringen. Keine der Seiten war bereit, seinen Teil der Stadt aufzugeben. Und in der Nähe lauert der IS – bereit, auf die Stadt vorzurücken.

Die Raketen und Fassbomben haben Aleppo, die einst so reiche, schöne Stadt zerstört. Von den meisten Kulturgütern und von vielen Häusern sind nur noch Trümmer übrig. Viele der Bewohner sind geflohen oder gestorben.

Putin will Neuanfang, Assad zögert

Nun gibt es Zeichen dafür, dass Präsident Baschar al-Assad und seine Verbündeten den Versuch wagen, die Rebellen aus der Stadt zu vertreiben. Russland hat zuletzt Stellungen rund um Aleppo bombardiert. An verschiedenen Frontlinien versuchen Regierungstruppen und Hisbollah-Kämpfer vorzurücken, schreibt die "New York Times". Arabische Zeitungen berichten, vor der Stadt sammelten sich weitere Truppen und das Regime werfe aus Hubschraubern Flugblätter ab. Auf diesen soll der Sturm angekündigt werden.

Die Menschen in Aleppo nehmen die Warnung offenkundig ernst. 50.000 hätten sich auf den Weg gemacht, berichtet die türkische Zeitung "Hürriyet". In Ankara heiße es, dass sich demnächst weitere 350.000 Menschen in Bewegung setzen könnten. Insgesamt könnten es durch die russische Intervention eine Million neue Flüchtlinge sein.

Dass Assad nun unerwartet in Moskau auftauchte, hatte wohl nicht nur den Zweck, dass sich beide vor den Kameras die Hand schütteln können. Wahrscheinlicher ist, dass er Assad seine Bedingungen für die Unterstützung im Sturm auf Aleppo nannte. Die Militäroperationen sollten die Grundlage sein, um eine "langfristige Einigung" zu erarbeiten, so Putin. Diese Einigung solle auf einem politischen Prozess beruhen, der "alle politischen Kräfte sowie alle ethnischen und religiösen Gruppen" einbezieht, so Präsident Putin. Er gibt also an, den Krieg endlich beenden zu wollen und dabei Assads Macht einzuschränken.

Russische und iranische Bodentruppen

Assad selbst hat die Botschaft wohl verstanden, gab sie aber nur verdruckst wieder. "Natürlich will sich die gesamte Nation an der Entscheidung über das Schicksal des Landes beteiligen und nicht nur die Regierung", sagte er laut Kreml-Mitteilung. Mehr nicht.

Die Macht, sich gegen Putin zu wehren, hat er aber kaum. Zumindest nicht, wenn dieser gemeinsame Sache mit den Iran macht. "Es gibt Anzeichen dafür, dass die prominentesten Mitglieder einer neuen regierungsfreundlichen Allianz – Russland und Iran – mit Bodentruppen in Syrien sind", schreibt die "Times". Mehrere Iraner seien bereits bei Kämpfen umgekommen, Quellen aus dem Militär berichten auch von getöteten Russen. Die Milizen, die bislang für Assad kämpften, mag dieser einigermaßen kontrollieren können. Russland und Iran muss er sich unterordnen.


Tags:  


Newsticker