Nonnen berichten über die Minuten des Attentats

  31 Juli 2016    Gelesen: 512
Nonnen berichten über die Minuten des Attentats
Sie sprachen mit den Mördern über Religion und Frieden: Nach dem Anschlag auf eine Kirche in Nordfrankreich schildern die Geiseln Details über die Attentäter.
"Mit seinem hellblauem Polo hielt ich ihn erst für einen Studenten. Er wollte wissen, wann die Kirche öffnet." Kurz vor dem Attentat auf einen Priester in Nordfrankreich hat einer der beiden Geiselnehmer offenbar noch vor der Kirche nach Informationen gefragt. Das berichtet Schwester Huguette, die selbst als Geisel genommen wurde, der katholischen Wochenzeitung "La Vie". "Ich sagte ihm, er solle in zehn Minuten noch mal vorbeikommen, nach der Messe."

Der Mann kam tatsächlich später zurück. Dieses Mal aber nicht allein - und komplett in schwarz gekleidet.

Die beiden mit Messern bewaffneten Männer sind am Dienstagmorgen in die Kirche von Saint-Etienne-du-Rouvray bei Rouen eingedrungen, in der sich der Priester, drei Nonnen und zwei Gemeindemitglieder befanden. Die Angreifer töteten den Priester und verletzten einen über 80 Jahre alten Gottesdienstbesucher schwer. Später wurden sie von Polizisten erschossen.

Schwester Hélène, ebenfalls eine der Geiseln, beschreibt den Attentäter so: "Er hatte den Stil der Terroristen, den wir aus dem Fernseher kennen. Er trug eine schwarze Feldmütze auf dem Kopf und einen Vollbart. Da hatte ich schon alles verstanden."

Der Koran und die Suren über den Frieden

Beide Angreifer waren den französischen Sicherheitsbehörden bekannt. Einer von ihnen, der 19-jährige Adel Kermiche, war wegen zwei fehlgeschlagener Reisen in das syrische Kriegsgebiet in Untersuchungshaft. Er wurde aber im März mit einer elektronischen Fußfessel in den Hausarrest entlassen.

Eine dritte Augenzeugin, ebenfalls Nonne, verglich die Tötung des Priesters in einem Radio-Interview mit einer Hinrichtung. Sie sei unbemerkt geflohen, als einer der Täter dem anderen ein Messer gereicht habe.

Schwester Huguette wiederum sagt in der Wochenzeitung "La Vie", nach dem Mord habe einer der Attentäter gelächelt. "Aber es war kein triumphierendes Lächeln, sondern ein sanftes, von jemandem, der glücklich ist." Dann habe einer der Männer Schwester Hélène gefragt, ob sie den Koran kenne. "Ja, ich respektiere ihn wie ich die Bibel respektiere, ich habe bereits mehrere Suren gelesen", antwortete sie demnach.

Besonders die Suren über den Frieden hätten sie beeindruckt, sagte Hélène. "Frieden, das ist das, was wir wollen", antwortete einer der Attentäter. "Solange Bomben auf Syrien fallen, werden wir die Attentate fortsetzen", fuhr er fort. "Wenn Ihr aufhört, hören wir auch auf."

Der "Islamische Staat" (IS) hatte den Anschlag in der Kirche für sich reklamiert. Frankreich ist an einer internationalen Militärkoalition beteiligt, die den IS bekämpft. Die Miliz kontrolliert im Irak und in Syrien weite Landesteile.


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