Das wahre Problem der deutschen Banken

  03 Auqust 2016    Gelesen: 456
Das wahre Problem der deutschen Banken
In keinem anderen Land ist die Kritik der Finanzbranche an der EZB-Geldpolitik so vehement wie in Deutschland. Dabei ist das Hauptproblem der deutschen Banken hausgemacht.
Dem Bankgewerbe in Europa geht es besser als unmittelbar nach der jüngsten Finanzkrise. Die Ausstattung mit Eigenkapital, das in einer Krise als Sicherheitspuffer dienen kann, hat sich spürbar verbessert. Das ist eine gute Nachricht, die sich aus dem Test von 51 großen Banken durch die Europäische Bankenaufsicht und die Europäische Zentralbank ableiten lässt.

Das ist eine gute Nachricht, die über all der Kritik, die sich über die Banken in Europa ergießt, nicht vergessen werden sollte. Es gibt aber auch eine schlechte Nachricht. Die in den vergangenen Jahren erzielten Fortschritte reichen bei weitem nicht; die Ausstattung mit Eigenkapital muss noch viel besser werden, um das europäische Bankgewerbe krisensicherer zu machen.

In einem sehr schwierigen Umfeld, genannt seien ein schwaches Wirtschaftswachstum, ein historisch niedriges Zinsniveau, hohe Regulierungskosten, niedrige Aktienkurse und technologische Herausforderungen (Fintech), wird es aber schwer fallen, zusätzliches Eigenkapital aufzubauen. Es droht ein Teufelskreis. Das schwache Wirtschaftswachstum trägt zur Schwäche der Banken bei, und diese Schwäche der Banken unterminiert das Wirtschaftswachstum. Dieser Teufelskreis muss durchbrochen werden.

Faule Kredite über rund 360 Milliarden Euro
Die Schwierigkeiten der Branche zeigt nicht nur der jüngste Stresstest, über dessen Methodik sich streiten ließe. Sein Befund wird untermauert durch die Veröffentlichungen der Banken zu ihrer Ertragslage wie durch die desaströse Entwicklung der Kurse europäischer Bankaktien.

Von besonderem Interesse ist die Betrachtung des Bankgewerbes in Italien und in Deutschland. In den italienischen Banken haben sich faule Kredite über rund 360 Milliarden Euro angehäuft. Sie sind das Ergebnis der wirtschaftlichen Anämie dieses Landes in Verbindung mit einem Unwillen der Banken und einem nicht hilfreichen Zögern der Aufsicht, das seit langem bekannte Problem anzupacken.

Das wohl gefährdetste Haus, Banca Monte dei Paschi, hat am Freitag Abend Elemente eine Sanierungsplans vorgelegt, der eine Kapitalerhöhung und den Verkauf zahlreicher fauler Kredite vorsieht.

Spezielles Geschäftsmodell macht anfällig
Wie weit dies trägt, muss sich zeigen. Generell wäre es für eine Gesundung der italienischen Banken vorteilhaft, wenn es auch durch eine marktwirtschaftsfreundlichere Wirtschaftspolitik gelänge, mehr ausländisches Kapital für Investitionen in Banken und Kredite anzulocken.

Schaut man jenseits der Berge fauler Kredite – die es auch in Deutschland gegeben hat und die nach der Finanzkrise mit umfangreichen Staatshilfen neutralisiert wurden – auf die Rentabilität der nationalen Banksysteme im ordentlichen Geschäft, zeigt sich noch etwas anderes: In keinem anderen großen Land der Europäischen Union ist das Kreditgewerbe, Banken und Sparkassen, im Durchschnitt so wenig rentabel wie in Deutschland.

Deswegen ist in keinem Land die Kritik des Finanzgewerbes an der Geldpolitik so heftig wie in Deutschland, obgleich zum Beispiel die Negativzinsen in Dänemark und in der Schweiz noch niedriger liegen. Natürlich muss die Geldpolitik der EZB kritisch hinterfragt werden, aber die besondere Anfälligkeit vieler deutscher Finanzhäuser erklärt sich aus ihrem speziellen Geschäftsmodell.

Notorisch rentabilitätsschwach

Wahr ist: Das deutsche Kreditgewerbe war auch schon vor der Niedrigzinspolitik der EZB im internationalen Vergleich notorisch rentabilitätsschwach. Die Ursache sind nicht so sehr hohe Kosten, sondern schwache Erträge. Viele deutsche Banken und Sparkassen – die Deutsche Bank mit ihrem internationalen Kapitalmarktgeschäft ist eine Ausnahme – hängen immer noch sehr stark vom traditionellen Zinsgeschäft ab, während auch in Italien die Abhängigkeit der Banken von dieser Ertragsquelle längst geringer ist.

Die Lage der deutschen Banken und Sparkassen erscheint insgesamt noch nicht kritisch, weil in vielen Häusern Gewinnreserven vorhanden sind, mit denen sich drei bis vier Jahre überstehen lassen. Das wahre Problem ist, dass viele Häuser gerade in einer Zeit weniger verdienen werden, in der sie Geld in die Hand nehmen müssten, um in die digitale Zukunft zu investieren.

Epochalen Umwälzungen stehen bevor

Untersuchungen gelangen zu dem Schluss, dass die Finanzsysteme in den Industrienationen zur Erbringung ihres Nutzens für die Gesamtwirtschaft seit langem viel zu viele Ressourcen verschlingen. Das gilt nicht nur, aber auch für Deutschland. Nicht ohne Grund hält auch die Bundesbank die deutschen Banken und Sparkassen zur Überprüfung ihrer Geschäftsmodelle an.

Es wäre realitätsfremd, die Augen vor den seit langem sichtbaren Schwächen zu verschließen, das überkommene System konservieren zu wollen, gleichzeitig die digitale Revolution etwa durch Fintech als Hype abzuqualifizieren und ansonsten die EZB als Watschenmann für alle Schwierigkeiten zu gebrauchen.

Die Finanzbranche steht vor epochalen Umwälzungen, die neben Risiken auch viele Chancen bieten. Werden die Chancen nicht genutzt, könnten sich traditionelle Banken und Sparkassen bald in einer Situation befinden, wie sie in der Mitte des vergangenen Jahrzehnts für die Dampflokomotive galt: Die letzte Fahrt geht ins Museum.


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