Der Elektro-Volkswagen rollt an
Wenn die Serienvariante in den nächsten zwei Jahren auf den Markt kommt, soll sie übrigens nicht mehr kosten als ein vergleichbareres Dieselmodell. Preisdrücker ist hier auch ein neues Baukastenprinzip, kurz als MEB bezeichnet. Übersetzt heißt das "Modularer Elektrifizierungs-Baukasten" und soll in Zukunft nicht nur die Basis für Fahrzeuge der Muttermarke bilden, sondern auch bei Skoda, Audi oder Seat zum Einsatz kommen. Der Baukasten hat schon einmal funktioniert. Auf der Plattform "MQB" rollen bereits Modelle wie Golf oder Skoda Octavia. Der "Modulare Quer-Baukasten" fasst Fahrzeuge mit quer eingebautem Motor zusammen. Beim "Modularen Längsbaukasten" (MLB) ist das Triebwerk nach der Logik längs ausgerichtet. Er wird vor allem in größeren Autos eingesetzt.
Kommt VW wieder zu spät?
Wenn der kompakte Stromer 2018 auf den Markt rollt, hat sich VW gegenüber anderen Marken dennoch wieder verspätet. Denn ebenfalls in Paris feiert die Europa-Version des Chevrolet Bolt ihre Premiere. Der bei uns Opel Ampera-e genannte Stromer schafft ebenfalls eine Reichweite von gut 380 Kilometern und steht bereits ab Frühjahr nächsten Jahres zum Kauf bereit. Da muss sich das Update des gegenwärtigen Golf-E hintenanstellen. Er wird in Kürze für 300 Kilometer gut sein.
Auch Smart kommt nach zwei Jahren nun mit einer elektrisch angetriebenen Variante des Stadtflitzers auf den Markt. Erstmals wird der Kleinstwagen aber nicht nur als zweisitziger Fortwo, sondern auch als Forfour mit vier Sitzen unter Strom gesetzt. Der Elektromotor des "Electric Drive"-Modells kommt von Kooperationspartner Renault, der das knapp 90 PS starke Triebwerk aktuell im Kleinwagen Zoe einsetzt. Die Akkus hingegen kommen von Daimler und versprechen eine Reichweite von rund 160 Kilometern. Preise wird es wohl – wie bei den anderen Elektrofahrzeugen - erst kurz vor der Markteinführung geben.
Auch Mercedes packt den Elektroschocker aus
Bereits in Pebble Beach sorgte die Studie Vision Mercedes‑Maybach 6 für Furore beim Publikum. In Paris feiert der 2+2-Sitzer jetzt seine Messepremiere. In die Serie wird die stylische Studie leider nicht gehen. Vielmehr ist sie eine Hommage an die glorreiche Zeit der Aero-Coupés und überführt diese Tradition selbstbewusst in die Zukunft. Insofern wundert es auch nicht, dass das fast sechs Meter lange Coupé als Elektroauto konzipiert ist. Die Leistung des Antriebs beträgt 750 PS. Der flache Akku im Unterboden ermöglicht eine Reichweite von über 500 Kilometern nach NEFZ. Bei diesen Parametern und der Optik macht sich an der Seine dann doch eine gewisse Trauer breit, dass dieses Auto nicht gebaut wird. Dafür zeigen die Stuttgarter in Paris die seriennahe Studie eines SUV-Coupés, das ebenfalls 500 Kilometer rein elektrisch bewältigen und tatsächlich in absehbarer Zeit auf den Markt kommen soll.
Auch Porsche feiert mit dem Panamera 4 E-Hybrid eine Teilelektrisierung an der Seine. Der Zuffenhausener Gran Tourismo bietet eine Systemleistung von 462 PS die sich aus der Kombination eines 2,9-Liter-V6-Benziners mit 330 PS und einer 100 kW starken Elektromaschine ergeben. In der Summe verspricht das ein maximales Drehmoment von 700 Newtonmetern. Die elektrische Reichweite gibt Porsche mit 50 Kilometern an. Der Panamera 4 E-Hybrid ist im Übrigen der erste von 17 neuen Plug-in-Hybriden, die der VW-Konzern in den kommenden beiden Jahren auf den Markt bringen wird. "Um der Elektromobilität zum Durchbruch zu verhelfen, bedarf es aber auch substanzieller Fortschritte bei der Batterietechnologie und Infrastruktur. So arbeiten wir unter Federführung von Porsche intensiv an einem Schnellladeprojekt", so VW-Chef Matthias Müller.
Visionen und nüchterne Erkenntnis
Auch im Bereich "Mobility on Demand" hat der Konzern große Pläne: Für das neue Geschäftsfeld mit Mobilitätsdiensten hat der Konzern eine eigene Business Unit gegründet. Neben der Vermittlung von Fahrdiensten soll gemeinsam mit dem Partner Gett bereits an eigenen Shuttle-Angeboten und Sharing-Konzepten für die urbane Mobilität gearbeitet werden. "Perspektivisch gesehen könnten wir auch eigene, selbstfahrende Shuttleflotten betreiben, wenn das autonome Fahren in der Stadt in Serie geht", denkt Müller weit voraus. "Künftig", so der VW-Chef, "wird längst nicht mehr jeder ein eigenes Auto besitzen. Aber jeder kann auf die eine oder andere Art Kunde von Volkswagen sein – weil wir für Mobilität in einem viel umfassenderen Sinne als heute sorgen werden."
Bis 2025 soll die neue Marke zu den führenden Anbietern urbaner Mobilitätsdienstleistungen gehören und Marktführer in Europa werden. Die offizielle Vorstellung und Verkündung des Namens soll noch im November 2016 erfolgen.
Aber bei aller Vision muss Müller sehr nüchtern einräumen: "Die Zukunft fährt elektrisch. Aber die klassischen Antriebe werden noch mindestens zwei Jahrzehnte eine tragende Rolle spielen. Wir müssen und wir werden die Weiterentwicklung von Diesel und Benzinern forcieren und parallel die alternativen Technologien voranbringen." Dieses Motto dürfte auch für alle anderen Hersteller gelten. Insofern ist letztlich auch der Autosalon in Paris noch nicht der Durchbruch für die Elektromobilität.