Grund für diese Entscheidung ist Seehofers Sorge, dass der Ansehensverlust von Angela Merkel und der CDU in Bayern auch der CSU schaden könnte, besonders im Hinblick auf die bayerischen Landtagswahlen 2018. Für Seehofer sind starke CSU-Signale aus Berlin eine wichtige Voraussetzungen für den Erfolg seiner Partei, sprich die Sicherung der absoluten Mehrheit der CSU.
Um die CSU unabhängiger von der Schwesterpartei CDU zu machen, soll deshalb ein starker bayerischer Spitzenkandidat in Berlin den Flüchtlingskurs der CSU vertreten. Seehofer deutete an, dass der CSU- Parteivorsitzende sogar noch vor der Bundestagswahl in Merkels Kabinett einziehen könnte. Dabei ließ Seehofer noch offen, ob er das selbst sein werde – oder zum Beispiel der bayerische Finanzminister Markus Söder. Dieser hatte sich in der Vergangenheit immer wieder gegen einen Wechsel nach Berlin ausgesprochen.
Seit Monaten schwelt in der CSU eine Personaldebatte, die Rivalität zwischen Seehofer und Söder wurde immer offenkundiger. Mit seinen jüngsten Äußerungen bekommt diese Debatte eine neue Qualität. Denn in dieser Deutlichkeit hatte sich Seehofer bisher nicht zu der Frage geäußert, ob der CSU-Vorsitzende in Zukunft in Berlin sitzen sollte, auch wenn er dazu bereits mehrmals öffentlich Andeutungen gemacht hatte.
Taktieren gegen Söder
Hinter Seehofers jüngsten Aussagen könnte deshalb auch die Absicht stecken, den Druck auf seinen größten parteiinternen Gegner Söder zu erhöhen. Das vermutet man zumindest in CSU-Kreisen. Aus Termingründen war Söder der Runde ferngeblieben und hatte einen Vertreter geschickt. Seehofer nutze diese Gelegenheit und erklärte vor den CSU-Bezirksvorsitzenden zum ersten Mal, dass man auf Söder in Berlin auch sehr gut verzichten könne.
Dass Seehofer München tatsächlich den Rücken kehren könnte, gilt aber als unwahrscheinlich. Er hatte mehrmals erklärt, er wolle bis 2018 bayerischer Ministerpräsident bleiben. Als möglicher Nachfolger Seehofers für den Parteivorsitz der CSU ist seit längerem Joachim Hermann, der bayerische Innenminister, im Gespräch. Möglicherweise könnte es zu einer Kampfkandidatur zwischen ihm und Söder kommen, sollte Seehofer sein Amt abgeben.
Einen Zeitplan oder konkrete Personen für die Stärkung der CSU in Berlin benannte Seehofer in der internen Runde nicht. Sollte er den Parteivorsitz tatsächlich abgeben, müsste spätestens im Sommer 2017 ein Sonderparteitag einberufen werden, um seinen Nachfolger zu wählen. Der nächste reguläre Wahlparteitag ist erst im Herbst 2017 geplant.
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