Dieser jüngste Vorfall jedoch hat ein bisher nicht erreichtes Maß der Widerlichkeit: „Wenn du ein Star bist, lassen sie dich alles machen“, sagt er über Frauen. Welch Hochmut, welche Verachtung. Es ist schwer vorstellbar, wie er jetzt noch Wähler außerhalb der Reihen seiner Hardcore-Sympathisanten erreichen kann – was für ihn in den vergangenen Wochen aber das vorrangige strategische Ziel sein musste, so sehr er sich auch ein ums andere Mal selbst sabotierte. Führende Republikaner, von denen viele nie ein sehr enges Verhältnis zu ihm hatten, gehen jetzt noch mehr auf Distanz zu ihm. Folgenreich wird sein, wie sich jene Wähler verhalten werden, die nie von ihm begeistert waren, die ihn aber unterstützten, weil sie am Ende des Tages aber eben Republikaner waren.
Wahl in Amerika: Wer sich auf Umfragen verlässt, ist verlassen
Interessant ist, dass es ausgerechnet Äußerungen über Sex sind, die Trumps Bewerbung derart erschüttern. Nicht, weil die Amerikaner, wie man ihnen ja gerne nachsagt, so prüde wären; wer das tut, hat offenbar noch nie ein College von innen erlebt. Doch gibt es so viele andere schwere Zweifel an Trumps Eignung fürs Oval Office – er ist als Geschäftsmann bei weitem nicht so erfolgreich, wie er tut; sein angeblicher Hang zur Wohltätigkeit scheint ebenfalls wenig mehr als Aufschneiderei zu sein; seine ganze Persönlichkeit ist höchst labil --, und am Ende soll er über „locker-room banter“ stolpern, wie er selbst es nannte: die Art Geschwätz, die manche Männer in der Umkleidekabine pflegen?
Vielleicht hängt das ja damit zusammen, dass es im Kern bei diesem jüngsten Skandalon nicht primär um Sex geht, sondern um grundsätzliche Ideen wie Anstand und Respekt. Und dass Trump diese in vielen Fällen für reine political correctness hält, war ja bekannt. Das Antwortvideo, in dem Trump sich mitten in der Nacht halb entschuldigte, halb trotzig darauf hinwies, Bill Clinton sei viel schlimmer als er, war denn auch ein Akt der Feigheit. Fehlte Trump, der sonst so gerne damit angibt, er verfüge über das „beste Gehirn“ und die „besten Wörter“, der Mut, eine Pressekonferenz zu geben? Seine Berater jedenfalls befürchteten, eine Frage-Antwort-Session könnte außer Kontrolle geraten. Trump, der sonst nie, nie Fehler zugibt, hätte am Ende noch enthüllt, wie unernst sein Bedauern womöglich ist.
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Es gibt schon einen Grund dafür, dass Amerikas Wahlkämpfe so hart und so lang sind. Gerade bei jemandem wie Trump, der zuvor zwar im Licht der Öffentlichkeit stand, der sich aber nie einer echten Überprüfung seiner Ansichten und Absichten unterwerfen musste, dauert es zwar eine Weile; am Ende aber demaskieren die Kandidaten sich doch, nicht komplett vielleicht, aber hinreichend. „Jeder, der mich kennt, weiß, dass diese Worte nicht widerspiegeln, wer ich wirklich bin“, sagte Trump, damals 59, in seiner Erklärung über seine Äußerungen von 2005. Er hat der amerikanischen wie der internationalen Öffentlichkeit bisher keinen Grund gegeben, ihm das zu glauben; zu sehr passt dieses jüngste Beispiel von Frauenverachtung in sein ganzes Charakterbild.
Am Ende seiner Erklärung gab Trump sich weiter trotzig; „eine Spur von Drohung“ will die „New York Times“ in seiner Stimme vernommen haben, als er sagte: „Wir sehen uns bei der Fernsehdebatte am Sonntag.“ Diese dürfte nun, mehr noch als die erste, ein Showdown werden. Ein beschädigter Kandidat Trump könnte brutal werden. Manch ein politischer Beobachter hat empfohlen, den Ex-Reality-TV-Star Trump zu verstehen als einen Menschen, der sein eigenes Leben als Fernsehserie produziert. Titel: „Trump for President.“ Für gute Einschaltquoten für die nächste Episode hat er gesorgt.
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