Rumänien nach Disco-Brand mit 29 Toten unter Schock

  01 November 2015    Gelesen: 638
Rumänien nach Disco-Brand mit 29 Toten unter Schock
Nach dem verheerenden Disco-Brand in Rumäniens Hauptstadt Bukarest mit mindestens 29 Toten und knapp 200 Verletzten steht das Land unter Schock. Am Wochenende kamen immer mehr neue Details zu den unzureichenden Sicherheitsvorkehrungen in dem Club ans Licht. Die örtlichen Medien warfen Clubbesitzern wie Behörden "Verantwortungslosigkeit" vor.
In dem in einem Untergeschoss gelegenen Club "Colectiv" war am Freitagabend die Hardrock-Band Goodbye to Gravity aufgetreten. Überlebende berichteten, dass für die Bühnenshow Feuerwerkskörper zum Einsatz kamen. Demnach steckten die Feuerwerkskörper eine Säule und einen Deckenabschnitt in Brand. In Sekundenschnelle soll sich der Club mit Rauch gefüllt haben, was zu Panik führte.

Den Augenzeugen zufolge sollen sich zwischen 300 und 500 Jugendliche zum Unglückszeitpunkt in der Disco aufgehalten haben. "Die Menschen kippten um, sie kippten um wegen des Rauchs", sagte der Überlebende Victor Ionescu dem Fernsehsender Antena 3. Es sei ein "totales Chaos" gewesen, Menschen seien niedergetrampelt worden. "Um rauszukommen, zur einzigen offenen Tür, musste ich über die bewusstlosen Menschen am Boden rennen", berichtete ein Überlebender.
Ermittler verbrachten am Samstag rund zwölf Stunden am Unglücksort, um Beweise zu sammeln. Nach und nach kamen mehr Details zu den offenbar eklatanten Sicherheitsmängeln in dem Club ans Licht, der in einer ehemaligen Schuhfabrik untergebracht war.

Für die Akustik im Raum wurden demnach leicht entflammbare Isolationsmaterialien von schlechter Qualität verwendet, was die Ausbreitung des Feuers beschleunigte. Der Firma zufolge, die in dem Industriegebäude Renovierungsarbeiten vornahm, wollten die Clubbesitzer Geld sparen und nahmen daher Sicherheitsrisiken in Kauf. Überdies war die Decke mit Holzbalken verziert, die Feuer fingen und auf die flüchtenden Menschen niederstürzten.

Innenstaatssekretär Raed Arafat zufolge gab es zudem keine Genehmigungen für Konzerte oder Pyrotechnik-Shows in dem Club. Überdies war nur ein Ausgang geöffnet, einen Notausgang gab es nicht. Die Zufahrten für die Feuerwehr waren zudem zu eng, weshalb die Rettungsmannschaften tragbare Verlängerungen für die Löscharbeiten heranziehen mussten. Die drei Clubbesitzer sollten verhört werden.
Am Unglücksabend waren zunächst 27 Menschen ums Leben gekommen, zwei weitere Opfer erlagen Arafat zufolge in der Nacht zum Sonntag ihren Verletzungen. Unter den Toten sind auch zwei Gitarristen der Band. Von den knapp 200 Verletzten kamen 146 ins Krankenhaus. Gesundheitsminister Nicolae Banicioiu zufolge schwebten noch 35 in Lebensgefahr.

Staatschef Klaus Iohannis sagte, er sei traurig, aber auch empört darüber, "dass sich eine Tragödie solchen Ausmaßes" habe ereignen können. Es gebe Hinweise darauf, "dass die gesetzlichen Vorschriften nicht eingehalten wurden". Es wurde eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen.

In Medien wurden schwere Vorwürfe gegen die Clubbetreiber, aber auch gegen die Behörden erhoben. Der Zeitung "Evenimentul Zilei" zufolge fielen in den vergangenen Jahren bereits zwei andere Nachtclubs, die einem der "Colectiv"-Besitzer gehörten, Bränden zum Opfer. Die Zeitung "Gandul" warf den Behörden vor, nach ähnlichen Vorfällen die Kontrollen nicht verschärft zu haben.

Angesichts des Dramas wurde ganz Rumänien von einer Welle der Hilfsbereitschaft erfasst. In Bukarest und anderen Städten meldeten sich hunderte Menschen für Blutspenden. Im Internet wurde zu Solidarität mit den Angehörigen aufgerufen, mehrere Musikbands kündigten an, ihre künftigen Einnahmen an die Opferfamilien zu spenden.

Feuerwerkskörper und verschlossene Notausgänge haben bereits in mehreren Nachtclubs weltweit zu schweren Unglücken geführt. Bei einem der schlimmsten derartigen Unglücke kamen 2009 im russischen Perm 156 Disco-Besucher bei einem Brand nach einer Pyrotechnik-Show ums Leben.

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