Martin Schulz: Tritt der “Kissinger aus Würselen“ gegen Angela Merkel an?

  19 November 2016    Gelesen: 497
Martin Schulz: Tritt der “Kissinger aus Würselen“ gegen Angela Merkel an?
Sollte Angela Merkel am Sonntag ihre erneute Kanzlerkandidatur bekanntgeben, dürfte sich bald der Suchscheinwerfer auf die SPD richten. Wer fordert 2017 Merkel heraus? Sigmar Gabriel oder Martin Schulz?
Sitzen da der ehemalige und der künftige Kanzlerkandidat der SPD zusammen? Peer Steinbrück, 2013 nach einer verstolperten Kampagne gescheitert, und Martin Schulz, Allzweckwaffe der Sozialdemokratie, stecken am Donnerstagabend im prunkvollen Berliner Museum für Kommunikation die Köpfe zusammen.

Frei sprechen können sie bei der Vorspeise aber nicht. Neben ihnen hat Kurt Kister Platz genommen. Der Chefredakteur der "Süddeutschen" - Gastgeber des "Wirtschaftsgipfels" seiner Zeitung - lässt sich nach der viel beklatschten Schulz-Rede zu Europa, Trump, Erdogan & Co. die Chance nicht entgehen, den Genossen in die Mangel zu nehmen.

Schulz, der "Kissinger aus Würselen", trete ja gleich in mehrfacher Rolle auf: als EU-Parlamentspräsident, möglicher neuer deutscher Außenminister und denkbarer SPD-Kanzlerkandidat, sagt Kister.

Aufstieg zum "Mister Europa"

In dem kleinen Ort Würselen bei Aachen war Schulz mal Bürgermeister und Buchhändler. Dann begann in Brüssel der Aufstieg von "Mister Europa", bis an die Spitze des EU-Parlaments in Straßburg.

Ende Januar ist dort für ihn nach Absprache mit den Konservativen Schluss. Schulz kämpft um eine Verlängerung. Bald muss es Klarheit geben.

Pokert er nun wieder hoch? Unmittelbar vor der Veranstaltung mit 300 Gästen aus Wirtschaft und Politik in Berlin macht eine Meldung der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" die Runde, Schulz wolle nur dann die Nachfolge von Außenminister Frank-Walter Steinmeier antreten, wenn er die Zusage für die SPD-Kanzlerkandidatur bekomme.

Mit Empörung weisen das die Parteizentrale und Schulz zurück. Das sei "Stuss", sagt er auf der Bühne. Als er die gute Atmosphäre in der SPD-Führung lobt, gibt es im Publikum ein paar Lacher.

Schulz und Gabriel kennen sich ewig

Schulz soll seinen alten Kumpel Sigmar Gabriel im Personalpoker "erpressen"? Hört sich weit hergeholt an. Die beiden kennen sich ewig. 2003 verlor der damalige SPD-Jungstar Gabriel die Wahl in Niedersachsen und den von Gerhard Schröder geerbten Ministerpräsidentenjob. Schröder wollte ihn dann als Spitzenkandidat für die Europawahl haben. Gabriel hätte Schulz wegbeißen müssen. Er tat es nicht.

Nur jetzt geht es für die beiden Alphatiere um viel mehr. Greift der SPD-Chef und Wirtschaftsminister bei der K-Frage zu, wie allseits erwartet? Frisch gestärkt durch seinen Coup bei der Nominierung von Steinmeier für das höchste Staatsamt und die sich abzeichnende endgültige Rettung von 15 000 Jobs bei der Kaiser`s-Tengelmann-Übernahme.

Verfassungsschutz fürchtet Russlands Einmischung bei Bundestagswahl.
Gabriel zweifelt. Er kennt die Vorbehalte in seiner Partei. Und auch seine mäßige Beliebtheit bei den Bürgern. Und dient ein Schulz, der sich womöglich für den Besseren hält, ohne Reibung unter/neben Gabriel als Außenminister?

Beide haben am Dienstag beraten, wie es weitergehen soll. Gabriel hat Schulz nach dpa-Informationen angeboten, das Außenamt für die acht Monate bis zur Bundestagswahl zu übernehmen.

Begeisterte Reaktionen aus Steinmeiers Ensemble im Auswärtigen Amt auf die mögliche Personalie sind bislang nicht zu vernehmen.

Schulz kennt die Großen dieser Welt. Er nimmt kein Blatt vor den Mund. Wie zuletzt beim Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.

Daran erinnert Schulz die Gäste beim Dinner der "Süddeutschen Zeitung" selbstverständlich noch einmal. Und hämmert den Zuhörern ein, dass für die SPD im nächsten Jahr bei der Bundestagswahl alles drin sei: "Wir wollen dieses Land führen, und wir werden dieses Land führen, da bin ich mir sicher."

Da lässt Kister nicht locker. "Wollen Sie führen? Was wollen Sie denn führen?" Schulz druckst herum. Zu gegebener Zeit werde die SPD das beantworten.

Eines will die Partei unbedingt vermeiden: dass die Antwort auf die K-Frage wie beim letzten Mal mit Steinbrück zu einer Sturzgeburt wird. Und der Kandidat erledigt ist, bevor es im Wahlkampf richtig losgeht.© dpa


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