Tatsächlich hatte sich Pence bei seinem Besuch im Richard-Rodgers-Theater am Broadway - ganz abgesehen von den Buhrufen - einiges anhören müssen. Nach dem Ende des Stückes wollte der Politiker in Begleitung seiner Personenschützer gerade den Saal verlassen, als er von einer kraftvollen Stimme auf der Bühne aufgehalten wurde. "Wir haben eine Botschaft für Sie, und wir hoffen, dass Sie uns anhören", rief Brandon Victor Dixon, einer der Schauspieler, Amerikas künftigem "Vize" zu. Dann redete er mit dem versammelten Ensemble im Rücken dem Republikaner ins Gewissen.
"Wir sind das vielfältige Amerika - jene, die beunruhigt und ängstlich sind, dass Ihre neue Regierung uns, unseren Planeten, unsere Kinder und unsere Eltern nicht beschützen, uns nicht verteidigen und unsere unabänderlichen Rechte nicht aufrechterhalten wird", sagte Dixon. "Wir hoffen, dass diese Aufführung Sie dazu inspiriert hat, unsere amerikanischen Werte aufrechtzuerhalten und für uns alle zu arbeiten." Pence, der bibelfeste und sozialkonservative ehemalige Gouverneur von Indiana, hörte sich die Standpauke geduldig an. Das brachte ihm auch beim Ensemble Pluspunkte ein. Trump hingegen hätte wohl besser geschwiegen.
"Konversation ist keine Schikane, Sir"
Denn der Vorfall hatte den künftigen Präsidenten offenbar derart verärgert, dass er selbst Stunden später, nach einem Tag mit vollem Terminkalender, auf Twitter noch einmal nachlegte. Das Theater-Ensemble sei "unhöflich" und "unverschämt" gewesen, empörte sich Trump, und behauptete, die Darsteller hätten sich "nicht einmal die Textzeilen merken können". Wenige Minuten später war der Tweet wieder verschwunden. Ob er auf Anraten eines Mitarbeiters oder eigenem Antrieb gelöscht wurde, ist nicht bekannt. Fakt ist aber: Trump hat sich - was sehr selten vorkommt - selbst zensiert.
Der New Yorker Schauspieler Brandon Dixon reagierte derweil gelassen auf die Kritik des künftigen Staatschefs. "Konversation ist keine Belästigung, Sir", antwortete er Trump. Dem Immobilienmilliardär fällt es nach seinem überraschenden Wahlsieg sichtlich schwer, mit der anhaltenden Kritik an seiner Person umzugehen. Auch die Proteste in mehreren US-Städten gegen seine Präsidentschaft hatte er zunächst auf Twitter verurteilt. Er habe "eine sehr offene und erfolgreiche Präsidentschaftswahl gehabt", schrieb Trump zwei Tage nach der Wahl. "Nun protestieren professionelle, von den Medien angestachelte Demonstranten. Sehr unfair!"
Kritiker werfen Trump Doppelmoral vor
Erst später ruderte er zurück - und lobte plötzlich die Tatsache, dass die Demonstranten "große Leidenschaft für unser großartiges Land" bewiesen hätten. Sein jüngster Ausrutscher gibt Kritikern nun neue Nahrung. Immerhin ist Trump in ihren Augen der letzte, der fehlenden Anstand beklagen sollte. Im Wahlkampf hatte der Immobilienmilliardär immer wieder gegen Minderheiten gehetzt. Einen behinderten Journalisten der "New York Times" äffte er in einer Rede herabwürdigend nach. Und das Begrapschen von Frauen ("Pack ihnen an die Muschi. Du kannst alles machen.") rechtfertigte er als völlig normal.
Brisanz birgt seine neueste Entgleisung aber auch, weil in dem preisgekrönten Hip-Hop-Musical "Hamilton", das in dem New Yorker Theater aufgeführt wurde, die Geschichte der US-Gründerväter nahezu ausschließlich mit farbigen Darstellern erzählt wird. Zwar hat Trump seinen letzten Tweet gelöscht - zu seiner Forderung nach einer Entschuldigung des Emsembles bei seinem Vize steht er aber scheinbar nach wie vor. Der Tweet ist noch online.
Quelle: n-tv.de
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