Die jetzt neu erhobene Forderung der CDU nach Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft für Kinder ausländischer Eltern dient allein dem zweiten, dem Wahlkampfzweck. Das ist natürlich vollkommen legitim: Wer könnte etwas dagegen haben, wenn eine konservative Partei mit konservativen Vorstellungen für sich wirbt? Niemand.
Wenn man aber diesen Zweck verfolgt, dann ergibt sich daraus zwangsläufig die Frage: Nutzt das der Partei wirklich?
Nun kann das heute insofern noch nicht abschließend beantwortet werden, als ja der Wahlkampf gerade erst beginnt. Und klar ist auch, dass die CDU ein Thema braucht, das emotionalisiert und polarisiert, um gegen die Rechtspopulisten von der AfD ankommen zu können. Ein Thema, das auf die anderen Themen der Partei ausstrahlt, sie ebenfalls auflädt.
Eigentlich genau so, wie es der Partei einst im hessischen Landtagswahlkampf 1999 mit einer Unterschriftenaktion gelang. Roland Koch ließ plakatieren: "Ja zur Integration, Nein zur doppelten Staatsbürgerschaft." Auch damals ging es vorgeblich um ein besseres Leben - hier: Integration -, aber an den CDU-Ständen fragten viele Leute, wo sie denn bitteschön gegen die Ausländer unterschreiben könnten.
Das war eine ebenso abstoßende wie erfolgreiche Kampagne. Der damalige CDU-Chef Wolfgang Schäuble hatte sie ersonnen, den bis dato recht unbekannten Koch spülte sie ins Amt des Ministerpräsidenten.
An diesem Erfolg mögen sich heute jene wärmen, die erneut gegen den Doppelpass in den Wahlkampf ziehen wollen, darunter Schleswig-Holsteins CDU-Chef Daniel Günther, der hessische JU-Chef Stefan Heck, CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer.
Es gibt aber einen zentralen Unterschied zu damals: Kochs Kampagne war die Kampagne der Parteiführung, und sie ging gegen Rot-Grün. Der (knappe) Anti-Doppelpass-Beschluss des CDU-Parteitags aber geht gegen die eigene Kanzlerin, die an der gegenwärtigen Regelung nichts ändern mag. Merkel wiederum hat diesen Konflikt noch befeuert, indem sie nicht vor den Delegierten, sondern in einem TV-Interview ihre Ablehnung kundtat. Dies wurde als Affront wahrgenommen, und nun werben Merkel-Kritiker erst recht dafür, das Thema in die kommenden Wahlkämpfe zu tragen.
So ist der Doppelpass für die CDU kein Gewinnerthema (mehr): Er spaltet Führung und Teile der Basis, facht den Konflikt zwischen Merkel und CSU wieder an, verschreckt potenzielle Unionswähler mit ausländischen Wurzeln. Und die einzige Partei, mit der sich die Abschaffung durchsetzen ließe, ist: die AfD.
In der Politik nennt man so etwas ein Loser-Thema.
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