Wirtschaftsminister Carlo Calenda bezeichnete das Vorgehen als "feindliche Übernahme" und versprach eine genaue Beobachtung durch die Regierung. Weil Mediaset zum Großteil Italiens Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi gehört, hat der Fall damit eine politische Dimension. Und er erzählt viel vom schleichenden Niedergang des ehemaligen "Cavaliere".
Einbußen in allen Bereichen
Gesundheitlich ging es in diesem Jahr für den Mailänder Milliardär bergab. Im Juni musste sich der 80-Jährige einer Herz-OP unterziehen. Später sagte er: "Mit der Operation ist das Bewusstsein gekommen, dass ich ein Mann von 80 Jahren bin." Lange trat er nicht öffentlich auf, bis er zu der Kampagne für das Verfassungsreferendum im Dezember wieder überall seine Kommentare abgab.
Auch im Sportgeschäft gab es bessere Zeiten: Seinen geliebten Fußballclub AC Mailand hat Berlusconi an ein Konsortium chinesischer Investoren verkauft. Und politisch dümpelt seine Partei Forza Italia in Umfragen um die zehn Prozent herum. Diese Woche beantragte die Mailänder Staatsanwaltschaft auch noch die Eröffnung eines Prozesses wegen Zeugenbestechung gegen Berlusconi - dabei geht es um Frauen seiner ausschweifenden Partys, denen er Millionen gezahlt haben soll, um nicht gegen ihn vor Gericht auszusagen.
Machtverlust bei den Medien
Mit dem Einstieg von Vivendi bei Mediaset droht ihm nun auch die unternehmerische Machtamputation. Die Franzosen erreichten am Mittwoch die Marke von 20 Prozent der Anteile. Man werde nicht zulassen, dass irgendjemand "unsere Unternehmerrolle beschneidet", ließ Berlusconi wissen. Seine Unternehmensgruppe Fininvest, zu der Mediaset gehört, erstattete Anzeige wegen Marktmanipulation.
Vivendi und Mediaset liegen seit Monaten im Streit, nachdem die Franzosen die Details einer vereinbarten Allianz neu aushandeln wollten. Eigentlich wollten die Unternehmen eine gemeinsame Plattform zum weltweiten Vertrieb von TV-Inhalten schaffen - in französischen Medien war von einem "europäischen Netflix" die Rede. Jetzt können italienische Kommentatoren nicht genug Kriegsrhetorik auffahren, um das Manöver zu beschreiben: Von einem "Blitzkrieg", einer "Offensive" und "Annektierung" ist die Rede.
Kauft Frankreich weiter ein?
Unternehmen wie die Luxushäuser Bulgari und Fendi oder der Molkereiriese Parmalat gehören bereits zu französischen Konzernen. Vivendi ist bereits bei der Telecom Italia Großanteilseigner. "Unser Land hat nicht nur die Pflicht, die strategischen öffentlichen Güter zu schützen, sondern auch die großen Unternehmen vor der Finanz-Kolonialisierung", erklärte die Generalsekretärin des Gewerkschaftsbundes Cisl, Annamaria Furlan, zum Fall Mediaset.
Es sind politisch und wirtschaftlich heikle Zeiten in Italien. Die Wirtschaft lahmt seit Jahren. Die Regierung von Ex-Premier Matteo Renzi ist gerade erst über das Verfassungsreferendum gestürzt. Die Mannschaft von Renzis Nachfolger Paolo Gentiloni muss sich vorrangig um die Bankenrettung kümmern und ist für viele nur eine Übergangsregierung bis zu den nächsten Wahlen, die im Sommer stattfinden könnten. Und genau da kommt wieder Berlusconi ins Spiel. Denn die neue Regierung könnte auch auf Berlusconis Unterstützung angewiesen sein. Vor allem beim Aushandeln eines neuen Wahlgesetzes, das eine Prämisse für Neuwahlen ist.
Offiziell heißt es zwar, man müsse sich für Unternehmen "strategisch entscheidender Sektoren" einsetzen, und dazu gehöre der Medienkonzern. Die Opposition wittert aber politische Spielchen hinter dem Einsatz. "Warum hat die Regierung nichts gemacht, als Vivendi eine feindliche Übernahme bei Telecom Italia versucht hat? Und jetzt greift sie ein, um Mediaset zu unterstützen?", fragte der Abgeordnete der Fünf-Sterne-Partei, Danilo Toninelli. "Die Regierung sollte immer eingreifen, um die italienischen Unternehmen zu schützen, nicht nur wenn Interessen verschiedener Art im Spiel sind."
Quelle: n-tv.de
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