Obama kritisiert Russland - und die USA

  17 Dezember 2016    Gelesen: 377
Obama kritisiert Russland - und die USA
Zum Jahresabschluss im Weißen Haus nimmt der scheidende US-Präsident Obama kein Blatt vor den Mund. Trotz Hackerangriffen sei Russland schwächer als die USA, seine Produkte wolle niemand. Doch er stellt auch den Zustand des eigenen politischen Systems sehr deutlich infrage.
Die USA verschärfen vor dem Hintergrund der Vorwürfe einer massiven russischen Beeinflussung der Präsidentenwahl deutlich den Ton. "Russland ist für die Angriffe auf die demokratische Partei verantwortlich", sagte Obama. Dies werde von Erkenntnissen der Geheimdienste gestützt. Obama beschuldigte "oberste Stellen" und sagte, es gebe wenig, was in Russland ohne Präsident Wladimir Putin geschehe.

Die US-Regierung beschuldigt Russland seit längerem, hinter Angriffen auf Computersysteme politischer Organisationen und Institutionen in den USA zu stehen und sich so in den Wahlkampf eingemischt zu haben. Obama sagte, er habe Putin im September am Rande des G20-Gipfels in China persönlich aufgefordert, die Angriffe einzustellen. Er habe ihm gesagt, dass es andernfalls sehr ernste Konsequenzen geben werde. Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow sagte der Agentur Interfax zufolge, schon damals habe Putin die Anschuldigungen dementiert. Putins Sprecher Dmitri Peskow betonte, die USA sollten entweder mit den Anschuldigungen aufhören oder Beweise vorlegen.

Obama sagte, er hoffe, dass sein Nachfolger Donald Trump die Besorgnis über die Einflussnahme eines fremden Landes teile. Er selbst habe sich mit noch klareren Hinweisen vor der Wahl zurückgehalten, um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, seinerseits Einfluss auf den 8. November nehmen zu wollen. Geheimdiensten und Strafverfolgung sei es so möglich gewesen, ohne politischen Einfluss ihre Arbeit zu machen, sagte Obama. Trump hat die bisherigen Erkenntnisse und Vorhalte der Geheimdienste zu Russland und der Wahl bislang rundweg abgetan.

"Wie konnten wir so weit kommen?"

Obama sagte: "Russland kann uns nicht ändern. Es ist ein kleineres Land, es ist ein schwächeres Land. Die Wirtschaft produziert nichts, was irgendjemand kaufen möchte." Er warnte: "Aber Russland kann uns beeinflussen, wenn wir vergessen, wer wir sind. Wenn wir uns von unseren Werten verabschieden."

"Warum haben so viele Amerikaner Vertrauen in Putin, den ehemaligen Chef des Geheimdienstes KGB? Wie konnten wir so weit kommen?", fragte Obama. "Ronald Reagan würde sich im Grabe umdrehen." Reagan war ein Präsident der Republikaner. Man müsse sich fragen, in welchem Zustand das politische System sei, wenn eine so wichtige Wahl von solchen Cyberangriffen dermaßen beeinflussbar sei, sagte Obama. Das Thema der gehackten Daten habe die Berichterstattung vor der Wahl dominiert. "Ihr habt über alles berichtet. Es war wie eine Obsession." Die demokratische Bewerberin Hillary Clinton sei nicht fair behandelt worden.

Die Vorwürfe einer Beeinflussung der US-Präsidentenwahl werden nach Angaben der "Washington Post" auch von FBI-Direktor James Comey und dem nationalen Geheimdienstdirekttor James Clapper geteilt. Die Bundespolizei hatte sich den Geheimdiensterkenntnissen bisher nicht öffentlich angeschlossen.

Clinton: Angriff auf Demokratie

Clinton selbst bewertete in ihrer ersten Äußerung zu diesem Thema die angeblichen russischen Versuche als Angriff auf die Vereinigten Staaten. "Das war nicht nur eine Attacke gegen mich und meinen Wahlkampf", sagte Clinton nach Angaben der "New York Times" bei einer Veranstaltung in New York. Putin habe sich mit den Angriffen persönlich an ihr rächen wollen. Russland versuche, mit seinen Cyberangriffen auf Einrichtungen der US-Demokraten die Demokratie an sich und die Sicherheit des Landes zu unterminieren, sagte Clinton.

Zuvor hatte Obama Russland bereits deutlich wie nie Vergeltung angekündigt. Wenn eine ausländische Regierung versuche, den Wahlkampf zu manipulieren, müssten die USA handeln, sagte Obama dem Sender National Public Radio. "Und das werden wir - zu einer Zeit und an einem Ort unserer Wahl. Manches davon könnte offen geschehen und publik gemacht werden, manches nicht." Obama kündigte an, bis zur Amtsübergabe am 20. Januar einen Bericht über die Hacker-Aktivitäten vorlegen zu wollen.

Quelle: n-tv.de

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