New York Times macht Rückzieher: Janukowytsch hatte recht, EU-Ukraine-Deal nicht zu unterschreiben
Ich habe mich gewundert, dass es so lange gedauert hat. Aber da es jetzt tatsächlich geschehen ist, lasst uns auf die New York Times und ihren Reporter Andrew Kramer anstoßen.
Sie haben endlich zugegeben, dass die Gegner des so genannten "Euromaidan" in Kiew von Anbeginn an mit ihren Einschätzungen richtig lagen. Darüber hinaus hat Amerikas "Leitmedium", das damals zu den wortgewaltigsten Einpeitschern für den "Regime Change" gehört hatte, eingestanden, dass der ehemalige Präsident Janukowytsch allen Grund dazu hatten, den durchaus knausrigen Freihandelsvertrag mit der EU nicht zu unterschreiben.
Die NYT greift den Kollaps der einstmals lukrativen ukrainischen Agrarindustrie heraus, um den Abstieg des Landes zu illustrieren. Besonders das Geflügelgeschäft, welches infolge mickriger EU-Quoten und des Verlustes des russischen Marktes fast vollständig zusammenbrach, macht die Misere mehr als deutlich. Hierzu schreibt Kramer:
Dieser Sektor macht rund 40 Prozent der ukrainischen Exporte aus. Aber die zollfreien Quoten für landwirtschaftliche Produkte sind winzig in diesem Handelsabkommen.Die Zuweisungen für Honig waren zum Beispiel so niedrig, dass sie bereits in den ersten sechs Wochen des Jahres erfüllt waren. Die Quoten zum Export von Eiern in die Europäische Union machen rund 1,5 Prozent der Jahresproduktion von Avangard aus, und das ist nur eine Firma, ganz zu schweigen vom gesamten Sektor.
Die "graue Lady" gibt zu, wie
der Deal einen doppelten Verlust für den Landwirtschaftssektor bedeutete: Er ging weit genug, um Russland zu verärgern, aber hörte genau davor auf, einen lukrativen neuen Markt zu eröffnen.
Langsames Aufwachen
Die Akzeptanz der Tatsache, dass das EU-Abkommen ein schlechtes Geschäft war, zerstört den lange gehaltenen NYT-Narrativ, dem zufolge Janukowytsch lediglich als Moskaus "pro-russischer Platzhalter" diente und sein Land am Aufblühen hinderte. Der Fakt, dass er mit Brüssel bis zum letzten Moment hart verhandelte, bevor er dessen Assoziierungsabkommen ablehnte, hatte diese denkfaule Annahme sowieso stets entkräftet. Die simple Wahrheit hinter dem Scheitern der Vereinbarung ist jedoch, dass Russland einfach die objektiv besseren Konditionen bot: einen Kredit über 15 Milliarden und Gas-Rabatte, plus weiterhin Zugang zu einer Wirtschaft, mit der Kiew ohnehin bereits eng verbunden war.
Wer jedoch Ende 2013 davor warnte, dass der EU-Pakt keine clevere Idee für die Ukraine sei, wurde schnell als "nützlicher Idiot" oder "russischer Handlanger" dämonisiert. Die Logik und inhaltliche Richtigkeit der Analyse vermochte das ideologisierte Geplärre der EU-Fahnenschwenker jedoch nicht zu erschüttern: Es gab noch nie ein Land in der Weltgeschichte, welches die Beziehungen mit seinem wichtigsten staatlichen Handelspartner ruiniert hat und davon sofort profitiert hätte.
Zudem war der EU-Vertrag nicht wirklich das, was er zu sein vorgab. Allen Appellen an hehre Ideale und europäische Gemeinsamkeit zum Trotz insistierte Brüssel auf mickrigen Quoten für ukrainische Exporte und gab keinerlei Garantie dafür, dass Ukrainer zumindest in absehbarer Zeit visafreien Reiseverkehr in den Schengen-Raum erhalten würden. Tatsächlich konnten sie noch drei Jahre später, nach allem, was sie gegenüber den Eurokraten bereits an Vorleistungen erbracht hatten, immer noch nicht frei in den Block einreisen.
Ich schrieb bereits damals:
Laut den Statistiken entsprechen die Gewinne eines Beitritts in die Freihandelszone 490 Millionen Euro per annum. Falls Präsident Putin den Ukrainern jedoch gleichzeitig den Marktzugang nach Russland entzieht - welches ironischerweise teilweise Poroschenko selbst aus einer scheinbaren Selbstmordlaune heraus tat -, werden sich die Verluste durch den Wegfall des russischen und weißrussischen Marktes auf 16 Milliarden Euro belaufen.
Daher war die Idee, dass Janukowytsch im Auftrag des Kremls handelte, stets absurd. Im Gegenteil: Viele russische Beamte mochten ihn nicht, da sie dachten, er habe sie zu lange gegen Brüssel ausgespielt.
Falsche Versprechungen
Natürlich war es ein Fehlschluss, dass der ukrainische Lebensstandard und Wohlstand sich zügig verbessern würden durch engere Verbindungen zur EU. Im Gegenteil: Ehrliche Analysten konnten klar sehen, dass, selbst wenn das Land eine umgehende Vollmitgliedschaft angeboten bekommen hätte, die Ukraine in einen Abwärtssog hineingezogen worden wäre.
Industrie und Arbeitskräfte des Landes sind nicht wettbewerbsfähig und haben mit der technologischen Entwicklung der letzten 20, 30 Jahre nicht mithalten können. Ganz zu schweigen vom Bildungssystem, das in Scherben liegt, weil Professorentitel gewöhnlich gekauft werden und es fast unmöglich ist, einen Hochschulabschluss zu erlangen, ohne bis zu einem Dutzend Hände zu schmieren. Entsprechend ist es auch für Außenstehende unmöglich, festzustellen, ob die jungen Ukrainer tatsächlich so qualifiziert sind wie ihre Insignien es andeuten.
Kramers Artikel hebt auch die derzeitige ökonomische Notsituation in der Ukraine hervor. Er zitiert Oleg Bachmatjuk, den Eigentümer der des bereits genannten Unternehmens Avangard. "Wir brauchen Kapitalinvestitionen und Handelsinvestitionen", macht dieser deutlich. Und fährt fort:
Es gibt keine Liquidität. Wir verlieren unseren Exportmarkt. Als ein landwirtschaftliches Territorium entwickeln wir uns zurück.
Und es ist nicht nur die Landwirtschaft: Die Schwerindustrie wurde gedrosselt durch die Hindernisse in der Kooperation mit ihren natürlichen russischen Partnern. Zum Beispiel musste Antonow, der legendäre Flugzeugbauer, Anfang diesen Jahres seine Insolvenz anmelden. Das war besonders bitter angesichts der Tatsache, dass die Ukraine einst auf ihre Weise gleichsam eine Luftfahrt-Supermacht war, die ihre eigentlichen Möglichkeiten weit übertreffen konnte.
Kramer nennt auch einige positive Entwicklungen, die aus den Beziehungen zur EU entstanden waren. So hat der westliche Rand des Landes - rund um das stark prowestlich ausgerichtete, ehemals österreichische Gebiet um Lemberg - von einer Reihe an Investitionen profitiert. Auch Nischen wie die Ski-Produktions-Industrie haben sich gut entwickelt, meint Kramer. Allerdings wurde noch kein Land durch die Fertigung von Ski-Ausrüstungen reich. Und auch die Idee, künftigen Wohlstand allein darauf zu stützen, wäre der Anfang einer wilden Rutschpartie.
Das letztendliche Eingestehen der Realität auf dem Boden der Tatsachen in der Ukraine könnte jedoch auch in der NYT einen Prozess in Gang gesetzt haben, an dessen Ende vielleicht tatsächlich die Wahrheit von dort berichtet werden könnte. Die bevorstehende Ankunft Donald Trumps im Weißen Haus dürfte auch dort in den ersten Köpfen einen Umdenkprozess bewirkt haben.
Bezüglich des Maidans richtig zu liegen und die Gefahren, die er darstellte, zu erkennen und zu benennen, machte uns schon damals nicht zu irgendwelchen "nützlichen Idioten". Die Situation in Petro Pereschenkos Ukraine korrekt zu beschreiben, wird auch die Redakteure der New York Times nicht in "Kreml-Handlanger" verwandeln.
Quelle:RT Deutsch