Kern des Verfahrens ist der Umgang mit der indigenen Bevölkerung im Südosten Kameruns, wo die Regierung mit Unterstützung des WWF mehrere Wildschutzzonen eingerichtet hat. Der WWF beteiligt sich an deren Überwachung, indem er Wildhüter mitfinanziert und ausrüstet. Jedoch verletzen nach Ansicht von Survival International die Wildhüter in Kamerun immer wieder die Menschenrechte der Baka, eines Volkes von Jägern und Sammlern. Die Organisation dokumentierte über Jahre hinweg Fälle, in denen Baka von Wildhütern bedroht, vertrieben und verprügelt wurden. In lokalen Medienberichten ist sogar von Folter die Rede.
Dem WWF wirft Survival International vor, lange von den Anschuldigungen zu wissen und trotzdem nicht genug dagegen zu unternehmen. Obwohl die Baka seit vielen Generationen im und vom Wald leben, würden sie als Wilderer kriminalisiert. Mit der Einrichtung der Schutzzonen ohne ihr vorheriges Einverständnis habe die kamerunische Regierung internationales Recht verletzt. Der WWF sei daran beteiligt und habe überdies seine eigenen Prinzipien missachtet.
Der WWF bestreitet das und reklamiert, „sich stets für die Rechte und die Anerkennung der indigenen Bevölkerung in Kamerun stark gemacht“ zu haben. „Alle Aktivitäten des WWF in den Projektgebieten werden auf die Rechte und Belange der Indigenen abgestimmt“, heißt es in einer Stellungnahme. Die Schuld dafür, dass eine Verständigung mit Survival International bislang scheiterte, sieht man vielmehr beim Beschwerdeführer selbst: Leider sei die Organisation nicht bereit, „gemeinsam Hinweisen auf Menschenrechtsverletzungen in Kamerun nachzugehen“. Das Verfahren vor der OECD begrüßt der WWF, auch wenn man nach eigener Einschätzung „als Non-Profit-Organisation mit langer Tradition“ keine kommerziellen Interessen verfolge.
Survival International wiederum feiert die Eröffnung des Mediationsverfahrens durch die OECD als „riesigen Schritt für indigene Völker“. „Wenn der WWF nicht gewährleisten kann, dass seine Vorhaben UN- und OECD-Standards einhalten, sollte er sie nicht finanzieren“, sagte Direktor Stephen Corry der F.A.Z. „Was auch immer der WWF an anderer Stelle Gutes tut, kann nicht entschuldigen, dass er Menschenrechtsverletzungen finanziert.“
In dem Verfahren stehen sich zwei ungleiche Gegner gegenüber. Der WWF wurde 1961 gegründet und ist heute eine der größten internationalen Natur- und Umweltschutzorganisationen, die auf die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft setzt. Ihr Wappentier ist der Panda, mit dem auch Produkte kooperierender Unternehmen beworben werden. Das Panda-Logo prangt unter anderem auf Müslitüten, Milchpackungen und Joghurtbechern. Das WWF-Netzwerk besteht aus 30 Länderorganisationen und Büros in mehr als hundert Staaten. Die Einnahmen wuchsen im Wirtschaftsjahr 2014/15 auf 67 Millionen Euro, davon entfallen 32 Millionen Euro auf Spenden.
Die britische Organisation Survival International mit Sitz in London und Büros in nur sechs Staaten kämpft seit 1969 für die Rechte indigener Völker und ist wesentlich kleiner. Ihre Gesamteinnahmen beliefen sich im Jahr 2015 auf gerade einmal knapp zwei Millionen Euro.
Das Verfahren vor der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) ist stark formalisiert und auf Konsens ausgerichtet: Der zuständige Schweizer „Kontaktpunkt“ sucht nun „ein für beide Seiten akzeptables Ergebnis“. Dann würde ein Abschlussbericht veröffentlicht. Kommt so ein Ergebnis nicht zustande oder steigt einer der Verfahrensbeteiligten aus, wird auch das öffentlich – inklusive der Gründe für das Scheitern. Strafen kann die OECD nicht verhängen.
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