Indiens Korruptions-Kampf erleidet Schlappe

  06 Januar 2017    Gelesen: 543
Indiens Korruptions-Kampf erleidet Schlappe
Die Inder haben seit der Spontan-Entwertung kleinerer Banknoten massig Geld in die Banken getragen. Dumm für Regierungschef Modi, denn der hoffte auf geringen Zuspruch und hatte große Pläne.
Anscheinend haben die Inder nichts zu verbergen: Bis zum Stichtag 30. Dezember 2016 haben rund 97 Prozent der Bürger in dem asiatischen Land altes Bargeld im Wert von umgerechnet rund 209 Milliarden Euro umtauschen lassen. So berichtet es Bloomberg unter Berufung auf Insider. Regierungschef Narendra Modi hatte mit nicht einmal einem Drittel der Summe gerechnet.

In einer Hau-Ruck-Aktion hatte Modi Anfang November 2016 über Nacht alle 500- und 1000-Rupien-Scheine (circa zehn Euro) für ungültig erklärt – immerhin 86 Prozent des Bargelds. Damit wollte er illegalen Geschäften an den Kragen. Denn nur ein kleiner Teil des alten Bargelds konnte umgetauscht werden – der Rest musste aufs Konto eingezahlt werden. Die Regierung sollte so sehen, wer ungewöhnlich viel Geld hortet.

Problem dabei: Der Großteil der indischen Wirtschaft funktioniert mit Bargeld. Auch weil die ärmeren Leute auf dem Land kein eigenes Bankkonto besitzen. Wunderbarer Nährboden für eine Schattenwirtschaft. Experten schätzen, dass knapp die Hälfte des indischen Geldverkehrs nicht legal verläuft.

Aber nicht nur dieses Problem wollte Modi bekämpfen, sondern ganz nebenbei auch noch das eigene Image aufpolieren. Im Februar wird in Indien gewählt, schon im vergangenen Wahlkampf hatte der Aufsteiger Modi mit dem Kampf gegen die Korruption geworben. Außer, dass eine umstrittene Amnestie für Steuerverbrecher aufgehoben wurde, ist auf dem Gebiet seit Modis Amtsantritt 2014 nichts passiert.

Warnungen werden lauter

Doch die jetzigen Zahlen zur Spontan-Entwertung zeigen: Die Inder haben anscheinend nichts zu verbergen. Oder aber sie haben schon längst neue Wege für die illegalen Tricksereien gefunden. Und damit wendet sich das Blatt – die politische Legitimation für Modis Vorgehen bröckelt. In der öffentlichen Wahrnehmung prägen sich die Warnungen vieler Ökonomen ein. Diese befürchten eklatante Folgen für die Wirtschaft des Schwellenlandes – getrieben von der Angst, Indien könnte seine Spitzenstellung als eine der am schnellsten wachsenden Wirtschaften der Welt verlieren. Denn Staatsanleihen sind seit der Aktion im Sinkflug und die Rupie verliert gegenüber dem Dollar immer weiter an Wert.

In dieser Woche rutschte der Nikkei India Manufacturing Einkaufsmanagerindex auf 49,6 Punkte – so tief notierte die Kennzahl zuletzt vor dem Boomjahr 2016. Werte unterhalb der 50-Punkte-Marke markieren ein Schrumpfen der Wirtschaftsleistung. "Dass nicht alles Bargeld nach dem Umtausch auch wieder in den Geldkreislauf zurückgelang, drückt Ausstoß und Bestellungen und unterbricht das Wachstum“, sagt Ökonom Pollyanna De Lima.

Um der Kritik etwas entgegenzusetzen, rechtfertigt Modi sein Durchgreifen aber nicht mehr nur mit dem Kampf gegen die Schattenwirtschaft. Auf lange Sicht will er das Bargeld komplett abschaffen, sodass im ganzen Land auf elektronische Zahlung umgestellt wird. Das macht es jedoch nicht besser. Denn in vier von fünf indischen Dörfern gibt es Schätzungen zufolge kein Geldhaus.

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