Das Interesse einzelner Investoren scheint sprunghaft anzusteigen. Doch was steckt dahinter? Über den Auslöser der ungewöhnlich starken Kursbewegungen wird am Markt viel diskutiert - vor allem, weil der Bonner Solarkonzern selbst in den vergangenen Tagen keinerlei neuen Daten veröffentlicht hatte. Die Solarworld-Aktie kostete am Kurz vor dem Wochenende 5,34 Euro. Im Vergleich zum Vortag entspricht dies einem weiteren Aufschlag von 20 Prozent.
"Konkrete Nachrichten gibt es keine", bestätigte ein Aktienhändler. Gerüchten zufolge könnte das Unternehmen jedoch bei der Lösung seiner dringlichsten Probleme kurz vor einem Durchbruch stehen. In den USA steht Solarworld tatsächlich vor Existenz bedrohenden Schwierigkeiten: Ein US-Richter hatte im Juli entschieden, dass der deutsche Konzern wegen nicht eingehaltener Abnahmeverpflichtungen mindestens 793 Millionen US-Dollar zahlen müsse. Dabei hatte Solarworld Ende September nur knapp 84 Millionen Euro flüssige Mittel in der Kasse. An der Börse war der Konzern zuletzt nur etwa 55 Millionen Euro wert.
Damoklesschwert in den USA
Für die geschäftlichen Perspektiven von Solarworld hänge alles am Ausgang des Rechtsstreits mit dem Siliziumlieferanten Hemlock ab, heißt es aus dem Handel. Von einer Einigung oder einem möglichen Vergleich ist an der Börse jedoch bislang nichts bekannt.
Dafür halten Branchenkenner eine solche Einigung - wenn sie denn tatsächlich zustande kommt - zumindest für ein plausibles Szenario, durch das sich der starke Kursanstieg erklären ließe. Ob die Gerüchte jedoch einen wahren Kern enthalten, lässt sich bislang noch nicht sagen. Das Unternehmen selbst hat sich nicht dazu geäußert.
"Die Aktie ist nur etwas für Zocker", warnte ein Händler. Der Kurs des 1998 von Frank Asbeck gegründeten Unternehmens war in den vergangenen Jahren von einem beachtlichen Höhenflug zurückgekommen. In den besten Zeiten hatte die Aktie fast 7200 Euro gekostet. Im Jahr 2008 sah sich Solarworld-Chef Asbeck sogar in der Lage, ein Übernahmeangebot für den strauchelnden Autobauer Opel abgeben zu können. Asbeck wollte damit Arbeitsplätze in Deutschland retten und Opel zugleich in den "ersten grünen Autobauer Europas" verwandeln.
Massive Kursgewinne - ohne Nachricht?
Das ehrgeizige Vorhaben verlief jedoch im Sande - vor allem, weil sich die Opel-Mutter General Motors (GM) weigerte, auf Asbecks Angebot einzugehen. Mit wachsenden wirtschaftlichen Turbulenzen und schließlich auch rechtlichen Schwierigkeiten entzogen dann nach und nach immer mehr Anleger dem Papier ihr Vertrauen. Ende Dezember kostete eine Solarworld-Aktie schließlich nur noch 2,43 Euro.
Immerhin könnte das Unternehmen jetzt von der neu gewonnenen Aufmerksamkeit profitieren: Am Freitag lagen die Umsätze bis zum Nachmittag bereits bei 918.000 Transaktionen. Gut möglich erscheint, dass die Solarworld-Aktie im Strudel der Spekulationen sogar die Millionengrenze überschreiten könnte. Zum Vergleich: An VW-Aktien wurden im Dax am Freitag bis zum Nachmittag lediglich knapp 490.000 umgesetzt.
Knapp die Hälfte der Solarworld-Aktien befinden sich in Streubesitzt. Ein knappes Drittel hält ein Solar-Investor aus dem Emirat Katar. Knapp 21 Prozent der Aktien hält Firmengründer Frank Asbeck selbst.
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