Schettino entkommt der Tragödie nicht

  13 Januar 2017    Gelesen: 481
Schettino entkommt der Tragödie nicht
Am 13. Januar 2012 rammt die "Costa Concordia" einen Felsen. Der Kreuzfahrttraum wird zum Alptraum, 32 Menschen sterben. Fünf Jahre später ist der Kapitän zwar verurteilt, Francesco Schettino sitzt aber keineswegs im Gefängnis.
Freitag, der 13. Januar 2012. Die Tragödie beginnt am Abend. Ein Großteil der mehr als 4200 Passagiere der "Costa Concordia" sitzt beim Dinner im Speisesaal, als ein lauter Knall den Kreuzfahrtriesen erschüttert. Ein gewaltiger Ruck schüttelt die Passagiere durch, schlagartig gehen überall an Bord die Lichter aus. Dann kippt der 290-Meter-Koloss zur Seite.

Zunächst kommt Entwarnung. Über Lautsprecher wird verkündet, es handle sich lediglich um Probleme mit der Stromversorgung. Erst nach einer knappen Stunde heulen die Schiffssirenen zur Evakuierung auf. Gewaltige Wassermassen drängen da bereits in das Schiff. In der Dunkelheit herrscht entsetzliches Durcheinander, die Besatzung scheint maßlos überfordert. Statt den Passagieren zu helfen, springen einige von der Crew in die Rettungsboote. Auch vom Kapitän gibt es in der Unglücksnacht, in der 32 Menschen in den eisigen Fluten ertrinken, keine Spur mehr.

Statt als Letzter von Bord zu gehen, wie es sich für einen Kapitän gehört, will Francesco Schettino nach eigenen Aussagen während der Evakuierung versehentlich in ein Rettungsboot gefallen sein. Laut dem Polizeichef von Giglio, Roberto Galli, hatte es Schettino auch nicht eilig, an Bord zurückzukehren. Zweimal habe der Kapitän das Angebot abgelehnt, auf sein havariertes Schiff zurückgebracht zu werden. Das bringt ihm den Spitznamen "Kapitän Feigling" ein.

Verantwortung, keine Schuld

Auch fünf Jahre nach der Tragödie der "Costa Concordia" kommen die Überlebenden und Angehörigen der Opfer nicht zur Ruhe. Das liegt vor allem an Schettino, der während des Strafprozesses in Grosseto in der Toskana so gut wie keine Reue zeigte. Er fühle sich verantwortlich, aber nicht schuldig, sagte er kürzlich in einem Interview. Die Schuld für den Aufprall vor der Mittelmeerinsel Giglio schob er auf das mangelhafte Kartenmaterial und auf seine Crew, die Schettino vor Gericht zumindest teilweise als unerfahren und inkompetent darstellte. Niemand habe ihn gewarnt, dass man der Insel Giglio zu nahe komme, sagte er.

Wegen fahrlässiger Tötung und vorzeitigen Verlassens der "Costa Concordia" wurde Schettino im Februar 2015 zu 16 Jahren und einem Monat Haft verurteilt, ein Berufungsgericht in Florenz bestätigte das am 31. Mai 2016. Schettinos Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert.

Im Oktober letzten Jahres legten Schettinos Anwälte beim Obersten Gericht Einspruch gegen die zweitinstanzliche Verurteilung ein. Aber auch der Generalstaatsanwalt will sich mit dem seiner Meinung nach zu milden Urteil nicht zufrieden geben. Er will, dass Schettino die 27 Jahre absitzt, die er für ihn gefordert hatte. Bis das Kassationsgericht in Rom ein Urteil gefällt hat, bleibt Schettino auf freiem Fuß.

Musik gegen die Erinnerungen

Nach der Trennung von seiner Frau lebt er in Meta di Sorrento südlich von Neapel, wo seine Familie schon seit Generationen ansässig ist. Von seinem Haus aus kann er das Meer und die Schiffe sehen. Inzwischen trage er Vollbart, berichten Nachbarn. Der Mann, den der Staatsanwalt einen "rücksichtslosen Iditionen nannte", wird italienischen Medienberichten zufolge von Erinnerungen gequält und fühlt sich als Opfer.

Manchmal gehe er mit der tibetanischen Dogge spazieren, die zuvor seiner Teenager-Tochter gehörte. Die meiste Zeit verbringe er aber zu Hause am Computer und beim Musikhören. Fernsehen meide er hingegen, wahrscheinlich, um nicht mit den Bildern der Katastrophe konfrontiert zu werden. Im Prozess hatte Schettino gesagt, auch er sei an jenem 13. Januar "teilweise gestorben". Im April geht der Fall vor Gericht weiter.

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