Obama lässt Whistleblowerin Chelsea Manning im Mai frei

  18 Januar 2017    Gelesen: 1033
Obama lässt Whistleblowerin Chelsea Manning im Mai frei
Bis 2010 gab Chelsea Manning umfangreiche Daten über die US-Armee und Diplomaten preis, WikiLeaks veröffentlichte sie. Daraufhin wurde sie zu einer 35-jährigen Haftstrafe verurteilt. Nun hat Obama ihr Strafmaß drastisch reduziert.
Bis 2010 gab Chelsea Manning umfangreiche Daten über die US-Armee und Diplomaten preis, WikiLeaks veröffentlichte sie. Daraufhin wurde sie zu einer 35-jährigen Haftstrafe verurteilt. Nun hat Obama ihr Strafmaß drastisch reduziert.

Das Weiße Haus betonte, es sei bei seiner Entscheidung weder von WikiLeaks noch von dessen Gründer Julian Assange beeinflusst worden. Ursprünglich sollte Manning erst im Jahr 2045 freikommen. Bei guter Führung hätte sie auch bereits im Jahr 2022 auf Bewährung entlassen werden können.

Assange begrüßte die Verkürzung von Mannings Haftstrafe. Assange hatte sich vor einer Woche zur Auslieferung in die USA bereit erklärt, falls Manning begnadigt werden sollte. In einer von seinen Anwälten verbreiteten Erklärung bezeichnete er Manning als "Heldin", die niemals hätte verurteilt werden dürfen. Die Stellungnahme ließ offen, ob Assange nun tatsächlich bereit ist, sich an die USA ausliefern zu lassen.

Auch der linksliberale Filmemacher Michael Moore äußerte sich. In der vergangenen Woche hatte er Obama auf Facebook aufgefordert, Manning in den letzten Tagen seiner Amtszeit aus der Haft zu entlassen. Nun dankt Moore dem scheidenden Präsidenten.

Chelsea Manning war zu einer 35-jährigen Haftstrafe wegen Spionage und Verrats verurteilt worden, nachdem sie 700.000 vertrauliche Dokumente über die US-Armee und Diplomaten an die Enthüllungsplattform WikiLeaks weitergegeben hatte. Damit deckte sie Kriegspraktiken der USA auf, die geheim bleiben sollten. Zusätzlich zu der Haftstrafe wurde die frühere Obergefreite degradiert und unehrenhaft aus der Armee entlassen. Gegen das Urteil hatte sie Berufung eingelegt. Manning war unter dem Namen Bradley Manning seit 2007 für die US-Streitkräfte im Irak stationiert.

Nach ihrer Verurteilung wollte Manning unter dem Namen Chelsea als Frau leben. Im April 2014 genehmigte ein US-Gericht die Namensänderung. Im Februar vergangenen Jahres erlaubte die US-Armee ihr dann auch eine Hormonbehandlung für eine Geschlechtsangleichung.

Mehrere Gnadengesuche scheiterten

Bereits im September 2013 hatte Manning, der sich damals noch Bradley nannte, ein Gnadengesuch bei Obama eingereicht. Mannings Anwalt David Coombs teilte damals mit, den Antrag im Namen seines Mandanten gestellt zu haben. Später erneuerte er das Gesuch. Die Verurteilung sei "in hohem Maße ungerecht", heißt es in einem Berufungsschreiben von Mannings Anwälten. In der Geschichte der USA sei bislang kein Whistleblower so hart bestraft worden. Das Weiße Haus erklärte damals, einen Antrag "wie jedes andere Gesuch" zu prüfen. Das Strafmaß wurde nach Militärrecht von einem Berufungsgericht geprüft. Mannings Verteidiger hätte das Urteil durch mehrere Instanzen bis zum Obersten Gerichtshof anfechten können.

Die Whistleblowerin sitzt im Militärgefängnis Fort Leavenworth im US-Bundesstaat Kansas ein, wo besonders harsche Regeln gelten.

Suizidversuch und Hungerstreik

Im Mai vergangenen Jahres wollten Mannings Verteidiger einen Freispruch oder zumindest eine Reduzierung des Strafmaßes auf 10 Jahre erreichen. Sie argumentierten, dass Aussagen von US-Militärs während des Prozesses zu den möglichen Folgen der weitergegebenen Informationen lediglich spekulativ gewesen seien. Es habe keine konkreten Hinweise auf bestehende Gefahren gegeben. Die Aussagen hätten sich jedoch nachteilig auf den Prozess gegen Manning ausgewirkt.

Noch im Sommer drohte Manning nach einem Suizidversuch Isolationshaft. Nach einem 24-stündigen Krankenhausaufenthalt wurde sie wieder in das Militärgefängnis gebracht, in dem sie unter medizinischer Beobachtung steht. Nach Angaben der US-Menschenrechtsgruppe American Civil Liberties Union (ACLU) ermittelte die Armee gegen Manning. Der jetzige Beschluss Obamas dürfte Manning "ganz buchstäblich das Leben retten", sagte Chase Strangio von ACLU.

Aus Protest gegen die Haftumstände und die Verweigerung von Medikamenten, die sie als Transgender benötige, war Manning bereits in den Hungerstreik getreten. Daraufhin kam ihr das US-Militär entgegen. Die Armeeführung sagte im September 2016 zu, Chelsea Manning auch einen operativen Eingriff zur Geschlechtsangleichung zu ermöglichen. Manning zeigte sich in einer schriftlichen Erklärung "unendlich erleichtert, dass die Armee endlich das Richtige tut".

Manning ist der bekannteste Name auf einer Liste von 64 Begnadigungen und 209 Straferlässen, die Obama zu Ende seiner am Freitag ablaufenden Amtszeit gewährte. Der im russischen Exil lebende Geheimdienstinformant Edward Snowden, über dessen Begnadigung spekuliert worden war, steht nicht darauf.

Quelle : spiegel.de

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