Konzerne wie Facebook, Twitter oder Google sollen dafür sorgen, dass "alle Nutzer, die mit Fake News konfrontiert worden sind", über "deren Identifizierung als solche sowie gegebenenfalls ihre Richtigstellung obligatorisch informiert werden". So steht es in einem Positionspapiers, das dem SPIEGEL im Entwurf vorliegt. Die Fraktion will es am Dienstagnachmittag beschließen. Zusätzlich prüft die Unionsfraktion auch einen "Anspruch auf Gegendarstellung" in sozialen Netzwerken, ähnlich wie es Bürger gegenüber klassischen Medien presserechtlich einfordern können.
Facebook und die anderen Plattformen haben derartige Eingriffsmöglichkeiten in ihr Geschäft abgelehnt. Ihr Widerstand wäre in einem etwaigen Gesetzgebungsverfahren sicher. Zuletzt kündigte Facebook an, dass Journalisten Falschmeldungen identifizieren sollen. Nutzer, die solche Beiträge teilen wollen, würden dann einen Warnhinweis angezeigt bekommen. Die Unionsforderungen gehen weiter: So sollen auch nachträglich alle Nutzer, die eine Falschmeldung angezeigt bekommen haben, darüber informiert werden. (Hier lesen Sie, was Fake News sind - und was nicht.)
Höheres Schmerzensgeld für Cybermobbing-Opfer
Die Union betont die Selbstregulierungskräfte der Plattformbetreiber. Andererseits setzt die Partei auf hohe Strafen - für den Fall, dass die Betreiber den neu auferlegten Kontrollpflichten nicht nachkommen. Dazu sollen die Bußgeldvorschriften des Telemediengesetz verschärft werden.
Im Mittelpunkt der Vorschläge, über die zunächst die "Passauer Neue Presse" berichtete, stehen dabei die Opfer von gefälschten Nachrichten und Cybermobbing. Für sie sollen die Konzerne Beschwerdestellen einrichten, die binnen 24 Stunden rechtswidrige Inhalte löschen. "Eine Beleidigung im Internet verschwindet nie wieder, verbreitet sich sekundenschnell weltweit und verfolgt ein Opfer möglicherweise sein Leben lang", schreiben die Abgeordneten. Sie fordern, dass Straf- und Zivilrecht angepasst werden. Sowohl Schadenersatz als auch Schmerzensgeld sollen Opfer fordern können, die Ansprüche sollen "deutlich" erhöht werden.
Der netzpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Thomas Jarzombek, will noch weiter gehen: Per Gesetz sollten den Plattform Mindeststandards für Beschwerdestellen vorgeschrieben werden. "Vorbild für diese Regelungen könnten die Bestimmungen zum Jugendschutz sein", so der CDU-Abgeordnete.
Die Forderungen sind nicht mehr weit von dem entfernt, was beim Koalitionspartner SPD diskutiert wird. "Ich gehe davon aus, dass nun eine zügige Einigung in der Koalition möglich sein wird", sagte der netzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Lars Klingbeil, dem SPIEGEL. "Auch wenn es zu einigen Details noch Verhandlungen geben muss, ist das erst mal eine gute Gesprächsgrundlage."
Druck auf Justizminister Maas
Damit setzen die Fraktionen Justizminister Heiko Maas (SPD) unter Druck, dessen Haus einen Gesetzvorschlag zum Thema erarbeitet. Maas` Mitarbeitern gehen die erhobenen Forderungen allerdings zu weit: Man denkt weder über eine verpflichtende Richtigstellung noch eine Gegendarstellung nach. Denn man will Facebook nicht mit dem Presserecht beikommen.
Offiziell gibt Maas sich zurückhaltend. "Wir prüfen bereits sehr konkret, ob und wie wir soziale Netzwerke für nicht gelöschte strafbare Inhalte auch haftbar machen", sagte Maas dem SPIEGEL. "Natürlich müssen wir am Ende auch über Bußgelder nachdenken, wenn andere Maßnahmen nicht greifen. Das wäre ein starker Anreiz zum raschen Handeln."
Maas spricht bewusst von strafbaren Inhalten. Auf einem Begriff wie Fake News will man kein Gesetz schustern, schließlich ist nicht jede Lüge strafbar. Sein Haus will im Februar eigene Vorschläge vorlegen. Dass die Zeit drängt, das machen nun auch die Regierungsfraktionen ihrem Justizminister klar.
Quelle : spiegel.de
Tags: