EU-Kennzeichnungspflicht für Siedlerprodukte erzürnt Israel

  12 November 2015    Gelesen: 697
EU-Kennzeichnungspflicht für Siedlerprodukte erzürnt Israel
Mit der Einführung einer Kennzeichnungspflicht für Produkte aus israelischen Siedlungen in besetzten Gebieten hat die EU die israelische Regierung erzürnt. "Die Kennzeichnung von Produkten des jüdischen Staates durch die EU bringt dunkle Erinnerungen zurück, Europa sollte sich für sich selbst schämen", sagte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu in einem auf Facebook veröffentlichten Video - und zog damit einen Vergleich zum Judenboykott durch die Nazis.
Durch die Entscheidung in Brüssel droht eine Eiszeit zwischen der EU und Israel anzubrechen. In einer Erklärung teilte die Regierung in Israel mit, geplante bilaterale Treffen würden vorerst ausgesetzt.

Die EU-Kommission hatte mitgeteilt, die "Auslegungsvorschrift für die Herkunftsangabe von Gütern aus den durch Israel seit Juni 1967 besetzten Gebieten" sei "verabschiedet worden". Künftig muss in allen EU-Mitgliedstaaten die Herkunft von landwirtschaftlichen und kosmetischen Erzeugnissen aus dem Westjordanland und Ost-Jerusalem sowie von den Golanhöhen angegeben werden. Das Siegel "Made in Israel" wird für Siedlerprodukte nicht mehr akzeptiert, das Wort "israelische Siedlung" muss nun ergänzt werden.

Die neuen Richtlinien gehen auf eine schon vor drei Jahren getroffene Entscheidung der EU-Außenminister zurück. Im Frühjahr dieses Jahr hatten dann 16 Außenminister, darunter die Chefdiplomaten aus Frankreich und Großbritannien, auf eine schnelle Umsetzung des Beschlusses gedrängt. Die Siedlungen sind nach dem Völkerrecht illegal und werden auch von den Verbündeten Israels als ein Haupthindernis für einen Frieden mit den Palästinensern betrachtet.

Die israelische Regierung hatte immer wieder kritisiert, die Etikettierung komme einem "Boykottaufruf" gleich und leiste letztlich den Kampagnen Vorschub, die Israel das Existenzrecht absprechen. Netanjahu reagierte in seiner Internetbotschaft wütend. Die EU habe eine "unmoralische Entscheidung" getroffen. Diese werde "den Frieden nicht vorantreiben, und bestimmt nicht die Wahrheit und Gerechtigkeit. Es ist falsch". Als Konsequenz würden geplante Treffen mit der EU ausgesetzt, erklärte die Regierung.
Die Erzeugnisse aus den Siedlungen, vor allem Agrarprodukte, machen nach unterschiedlichen Angaben nur ein bis zwei Prozent der israelischen Exporte in die EU aus, die insgesamt jährlich ein Volumen von rund zwölf Milliarden Euro erreichen. Israel wehrt sich aber grundsätzlich gegen eine "Differenzierung" zwischen dem Kernland und den besetzten Gebieten.

In Erwartung des Kommissionsvotums hatte der israelische Botschafter bei der EU, David Walzer, schon am Dienstag mit einer Beschädigung der Beziehungen zu Brüssel gedroht. Das israelische Außenministerium bestellte am Mittwoch den EU-Botschafter in Israel, Lars Faaborg-Andersen, zu einer Unterredung ein.

Der Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Sajeb Erakat, sprach hingegen von einem "wichtigen Schritt" zu einem "umfassenden Boykott der israelischen Siedlungen, die illegal auf besetzten palästinensischen Gebieten errichtet wurden". Weitere Maßnahmen seien aber notwendig, um Israel für seine "anhaltenden Verbrechen gegen das Land und das Volk von Palästina" zur Rechenschaft zu ziehen.

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