Zu peinlich für die Queen

  21 Februar 2017    Gelesen: 975
Zu peinlich für die Queen
Mehr als 1,8 Millionen Briten haben sich in einer Petition gegen einen Staatsbesuch von Donald Trump ausgesprochen. Jetzt muss das Parlament darüber debattieren. Für die Regierung May ist das äußerst unangenehm.
Ihr Kleid funkelt, als sich die Queen erhebt, das Manuskript für ihre Rede in den Händen. Elizabeth II. blickt in den prächtigen Ballsaal, sie blickt auf den im eleganten Smoking gekleideten US-Präsidenten neben sich. Dann lobt sie. Sie lobt die enge Partnerschaft zwischen den Vereinigten Staaten und Großbritannien, die intellektuellen und kulturellen Verbindungen, die gemeinsame Sicht auf die Probleme der Welt.

Es ist ein besonderer Moment. Ein Staatsbankett, klar, prunkvoll nach Protokoll, aber auch irgendwie entspannt, der Präsident witzelt, die Queen kichert. Es ist 2011. Der Gast aus den USA heißt Barack Obama.

Wie soll das nur werden, fragen sich viele Briten sechs Jahre später. Denn geht es nach der Regierung in Westminster, soll es in wenigen Monaten wieder einen amerikanischen Staatsbesucher geben, einen, dem kein guter Ruf vorauseilt: Donald Trump.

Bankett, Kutsche, Plenarsaal

Man stelle sich das einmal vor: Trump beleidigt Frauen, hetzt gegen Einwanderer, beschimpft die Presse, hat sich auch auf Twitter nicht unter Kontrolle - und dann diese Bilder: Trump und die Queen beim Bankett, Trump und die Queen in einer prunkvollen Kutsche, Trump im historischen Plenarsaal, einem Symbol westlicher Demokratie.

Mehr als 1,8 Millionen Briten wollen das verhindern. Sie alle haben eine Petition beim Parlament unterzeichnet. "Donald Trump sollte nicht zu einem offiziellen Staatsbesuch in das Vereinigte Königreich eingeladen werden", schreiben die Initiatoren. Man müsse der Queen diese "Peinlichkeit" ersparen. Das Parlament muss über die Angelegenheit nun debattieren - das hat die Petition erreicht.

Dass sich die Frage überhaupt stellt, daran ist Premier Theresa May und ihre Regierung schuld. Auch May steht zwar persönlich nicht im Verdacht, von Trumps Auftreten entzückt zu sein. Doch auf ihr lastet ein gewaltiger Druck: Will die Regierungschefin tatsächlich einen harten Brexit durchziehen, braucht sie dringend neue Partner. Vor allem braucht sie Trump.

Ungewöhnlich schnelle Einladung

May kann es deshalb nicht schnell genug gehen. Der neue US-Präsident war kaum im Amt, da reiste die Tory-Politikerin als erste ausländische Regierungschefin nach Washington. Im Gepäck die formale Einladung zum Staatsbesuch noch in diesem Jahr, zu der May die Queen offensichtlich gedrängt hatte.

Der Zeitpunkt ist mehr aus ungewöhnlich. Obama saß schon zwei Jahre im Weißen Haus, bis ihm die höchste diplomatische Ehre in Großbritannien zuteil wurde, sein Vorgänger George W. Bush musste sogar noch länger warten.

Doch May läuft die Zeit davon. Im März will sie den EU-Ausstieg beantragen, dann bleiben ihr maximal zwei Jahre, um sich mit Brüssel auf die Bedingungen einer neuen Partnerschaft zu einigen. Die Zukunft des Königreichs ist völlig ungewiss, da heißt es schon jetzt: Klinkenputzen.

"Wir freuen uns darauf, Präsident Trump willkommen zu heißen", schreibt die Regierung in ihrer Antwort auf die Petition. Am Wochenende mahnte Justizministerin Liz Truss, die Partnerschaft sei unverzichtbar für die britische Wirtschaft und Sicherheit.

Kaum gewinnen

Ein Problem, denn innenpolitisch kann die May-Regierung beim Thema Trump kaum gewinnen. Zwar gibt es eine Gegenpetition - etwa 300.000 Briten unterstützen den Trump-Besuch. Doch der Widerstand ist stärker. Nachdem der US-Präsident seinen umstrittenen Einwanderungsstopp gegen Menschen aus sieben muslimisch geprägten Ländern erlassen hatte, protestierten in London Zehntausende.

Jetzt wollen wieder zahlreiche Menschen auf die Straße gehen. Über 16.000 haben auf Facebook angekündigt, am Montagnachmittag gegen Trump in London zu protestieren, während die Parlamentarier über die Einladung an den US-Präsidenten debattieren.

Und auch drinnen, im Plenarsaal, dürfte es unangenehm werden für May, auch wenn die Parlamentarier nur diskutieren und keine Entscheidung fällen. Oppositionsführer Jeremy Corbyn hatte bereits heftig gegen einen möglichen Trump-Besuch gewettert. Der US-Präsident schüre Hass gegen Muslime und greife die Rechte der Frauen an, sagte der Labour-Politiker kürzlich. Was der Republikaner denn noch tun müsse, fragte Corbyn, dass May die Einladung zurückziehe. Die Antwort der Regierungschefin: "Er (Corbyn) kann einen Protest anführen. Ich führe ein Land."

Widerstand unter eigenen Leuten

Doch auch unter Mays eigenen Leuten gibt es Widerstand. Tory-Politiker John Bercow, Sprecher des Unterhauses, betonte "unsere Opposition gegen Rassismus und Sexismus" und erklärte, die Rede eines ausländischen Gastes vor dem Parlament sei "eine Ehre, die man sich erst einmal verdienen muss".

May muss nach innen den Eindruck vermeiden, nach Trumps Pfeife zu tanzen. Nach außen gilt es, einen Affront zu umschiffen. Die Premierministerin versucht nun, sich offenbar mit einem Kompromiss aus dem Schlamassel zu ziehen. Zunächst berichteten britische Medien, die Regierung suche nach einem Termin für den Staatsbesuch im August oder September. Dann wären die Abgeordneten noch im Urlaub, zumindest eine mögliche Rede Trumps im Parlament wäre damit vom Tisch.

Vielleicht aber ist das gar nicht nötig. Offenbar, so heißt es, legen die Amerikaner überhaupt keinen gesteigerten Wert auf den Auftritt im Unterhaus. Beobachter in London vermuten, dass dem Republikaner vor allem eines wichtig ist: das Treffen mit der Queen.

Quelle : spiegel.de

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