Belgrads negative Reaktion folgte prompt. Der serbische Außenminister Ivica Dacic nannte Izetbegovics Initiative „äußerst gefährlich“ und warnte, dass sich dadurch nicht nur die bilateralen Beziehungen, sondern die Situation in Bosnien und auf dem ganzen Balkan anspannen würde.
Diese Warnung ist durchaus begründet: Izetbegovic hat seine Initiative mit den beiden anderen Mitgliedern des bosnischen Präsidiums, die in diesem Gremium die Interessen der Serben und Kroaten vertreten, nicht abgesprochen, wobei die beiden gegen die Wiederaufnahme des Genozid-Prozesses auftreten.
Auch der bosnische Außenminister, Igor Crnadak, der übrigens ethnischer Serbe ist, brachte seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, im Land könnte „die wohl tiefste politische Krise seit dem Krieg der 1990er-Jahre ausbrechen“, für die Izetbegovic und seine Gleichgesinnten die Verantwortung tragen würden, „für die der Krieg, der Hass und die Vergangenheit offenbar wichtiger als Frieden, Aussöhnung und die Zukunft sind“.
Dass die mögliche Revision des Urteils des UN-Gerichts „mit gewissen Risiken verbunden ist“, räumt auch Izetbegović ein. „Aber der Verzicht auf den Versuch, die Wahrheit zu klären, und der Handel mit dem Völkermord würden dem Volk einen Riesenschaden zufügen“, glaubt er.
Manche regionale Experten finden jedoch, dass die neue Klage gegen Belgrad nicht unbedingt zur Destabilisierung der Situation auf dem Balkan führen werde. „Man sollte nicht Spannungen provozieren, denn es geht um einen gerichtlichen Streit, wo Richter und keine Politiker die Entscheidung treffen werden“, sagte der Zijad Becirovic, Direktor des Internationalen Instituts für Europa- und Nahost-Studien in Ljubljana. Allerdings führten solche Prozesse auf dem Balkan bisher immer zur Eskalation. Dass dies auch jetzt passieren würde, gibt es keine Zweifel, zumal in Serbien im April die nächste Präsidentschaftswahl stattfindet.
Quelle : sputnik.de
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