EU kämpft an allen Fronten gegen die Flüchtlingskrise

  13 November 2015    Gelesen: 609
EU kämpft an allen Fronten gegen die Flüchtlingskrise
Die EU kämpft an allen Fronten, um die Flüchtlingskrise zu bewältigen und die Reisefreiheit im Schengen-Raum zu retten: Die EU-Staats- und Regierungschefs vereinbarten in Malta einen mit Milliardenversprechen unterfütterten Aktionsplan mit Afrika und kündigten einen Gipfel mit der Türkei an, um auch diese zur Zusammenarbeit zu bewegen. Mit Schweden führte unterdessen ein weiteres EU-Land Grenzkontrollen ein.
In der maltesischen Hauptstadt Valletta berieten die EU-Staats- und Regierungschefs zwei Tage lang mit mehr als 30 Vertretern Afrikas. Am Ende stand ein 17-seitiger Aktionsplan, der von der Bekämpfung von Fluchtursachen wie Armut und Arbeitslosigkeit bis zu Initiativen zur Konfliktvermeidung in Afrika reicht.

Um Anreize für die Zusammenarbeit zu schaffen, gründete die EU einen Nothilfe-Treuhandfonds für Afrika. Dieser ist mit 1,8 Milliarden Euro aus dem EU-Budget ausgestattet. Die Mitgliedstaaten sollen diesen Betrag auf 3,6 Milliarden Euro verdoppeln. Zugesagt wurden von ihnen vorerst aber nur 78,2 Millionen Euro.

Die Gipfelvereinbarungen würden das Migrationsproblem "nicht über Nacht" lösen, sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk. Sie sollten aber für die Menschen in Afrika Alternativen zur Flucht schaffen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, es sei begonnen worden, das Problem "systematisch zu lösen".

Widerstand gab es bis zuletzt von afrikanischer Seite beim Wunsch der EU, mehr Abschiebungen von abgelehnten Flüchtlingen zu ermöglichen. EU-Vertreter wiesen darauf hin, dass derzeit afrikanische Länder im Schnitt nur 20 Prozent der Menschen wiederaufnehmen, die zurückgebracht werden sollen.

Der Gipfel betonte nun "freiwillige" Rückkehrmöglichkeiten und stellte den afrikanischen Partnern mehr legale Möglichkeiten der Migration nach Europa in Aussicht. Der Aktionsplan sieht bis 2016 unter anderem eine Verdoppelung der Stipendien für Studenten und Wissenschaftler innerhalb des Programms Erasmus+ vor.
Direkt im Anschluss des Afrika-Treffens berieten die EU-Staats- und Regierungschefs auf einem weiteren Gipfel über den Stand der Gespräche mit der Türkei, von wo aus sich in diesem Jahr bereits hunderttausende Flüchtlinge auf den Weg nach Europa gemacht haben. Auch mit ihr will die EU deshalb einen Aktionsplan vereinbaren, doch die Regierung in Ankara stellt dafür Bedingungen.

Eine Bedingung erfüllten die EU-Staats- und Regierungschefs nun: Sie laden den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu einem eigenen EU-Türkei-Gipfel ein. Dieser könne voraussichtlich Ende November oder Anfang Dezember stattfinden, sagte Merkel. Bis dahin muss die EU noch klären, wie sie mit einer weiteren Forderung Erdogans umgeht: Er will für die kommenden beiden Jahre drei Milliarden Euro als Unterstützung, um die mehr als zwei Millionen in der Türkei lebenden Flüchtlinge zu versorgen.

Die EU-Kommission will aus dem EU-Budget eine halbe Milliarde Euro beisteuern. Die restlichen 2,5 Milliarden Euro sollen demnach von den Mitgliedstaaten kommen. Zusagen gibt es aber bisher aus den Hauptstädten nicht. "Wir haben einige Finanzierungsprobleme", gestand Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ein.
Bilanz zog der Sondergipfel auch zur Lage in der EU selbst, wo immer mehr Länder mit Grenzkontrollen und Absperrungen auf die hohen Flüchtlingszahlen reagieren. Slowenien hatte am Mittwoch einen Stacheldraht an Teilen der Grenze zum Nachbarn Kroatien errichtet. Und selbst das bisher aufnahmebereite Schweden führte am Donnerstag vorübergehend wieder Grenzkontrollen ein.

"Das ist kein Zaun", sagte Schwedens Regierungschef Stefan Löfven in Valletta. "Aber wir müssen sicherstellen, dass wir die Kontrolle haben." Menschen ohne gültige Papiere können laut Regierung weiter Asyl beantragen. Wer aber nur in andere Länder durchreisen will, soll nicht mehr durchgelassen werden.

Ratspräsident Tusk sagte, die Wiederherstellung einer wirksamen Kontrolle der EU-Außengrenzen sei unabdingbar, um die Reisefreiheit im Schengen-System zu retten. Europa befinde sich dabei in einem "Wettlauf gegen die Zeit, aber wir sind entschlossen, dieses Rennen zu gewinnen".

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