Unter den befragten Christen gaben 21 Prozent an, sich für Flüchtlinge zu engagieren, bei den Konfessionslosen waren es 17 Prozent. Insgesamt setzte sich ein Fünftel der Bevölkerung der Studie zufolge vergangenes Jahr für die Migranten ein.
Mit dem dritten Religionsmonitor untersucht die Bertelsmann Stiftung anhand von Umfragen die Rolle von Religion im gesellschaftlichen Zusammenhang. Insgesamt werden für den Monitor mehr als 10.000 Menschen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich, Großbritannien und der Türkei befragt. Für die nun veröffentlichte Auftaktstudie in Deutschland gab die Mehrheit der ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagierten Menschen an, sich regelmäßig und nicht nur einmalig für Migranten einzusetzen.
Wie viele Christen und Muslime engagieren sich für Flüchtlinge?
Anteil der Befragten in Prozent, die folgende Fragen mit "Ja" beantwortet haben: "Engagieren Sie sich außerhalb von Beruf und Familie zur Zeit freiwillig?" und "Haben Sie sich in den letzten 12 Monaten in der Flüchtlingshilfe engagiert?"
Einen Grund für das starke Engagement von Muslimen sieht die Bertelsmann Stiftung in deren meist vorhandenem eigenen Migrationshintergrund: Die in Deutschland lebenden Muslime könnten "als Spezialisten für ihre herkunftskulturellen und seelsorgerischen Belange gelten", heißt es. Besonders viele der ehrenamtlichen muslimischen Flüchtlingshelfer hätten Wurzeln in Herkunftsregionen der Geflüchteten, etwa aus Afghanistan, Pakistan oder Bangladesch. Viele stammten auch aus dem Nahen Osten. Muslime aus der Türkei oder Südosteuropa seien etwas weniger häufig aktiv.
Die Stiftung diskutiert verschiedene Ansätze, um die großen Unterschiede beim allgemeinem Engagement (30 Prozent) und dem Engagement für Flüchtlinge (44 Prozent) unter den befragten Muslimen zu erklären. Das allgemeine Engagement von Muslimen sei womöglich bislang "systematisch unterschätzt" worden, vermuten die Forscher. Viele hätten beispielsweise die Pflichtabgabe - das Zakat - als verbindliches Anrecht der Bedürftigen verstanden, denn als freiwillige Hilfeleistung. Andererseits könnten sich Muslime angesichts der Ankunft der Flüchtlinge auch besonders zum Helfen verpflichtet gefühlt - oder zumindest so geantwortet - haben.
Mehrheit der Muslime für Offenheit gegenüber anderen Religionen
Die sprachlichen und kulturellen Kompetenzen der Muslime in Deutschland seien bei der Arbeit mit Flüchtlingen erwünscht - und würden nun häufig erstmals wertgeschätzt, heißt es. Die Annahme, Muslime könnten die Flüchtlingshilfe für religiöse Einflussnahme missbrauchen, sei haltlos, schreiben die Autoren. Allenfalls bei ein bis zwei Prozent der Helfer könne von einer Absicht gesprochen werden, Geflüchtete zu radikalisieren, teilte die Stiftung mit. Die große Mehrheit der Muslime werbe "für eine offene Haltung gegenüber anderen Religionen". Stephan Vopel von der Bertelsmann Stiftung hob hervor, Muslime seien mit ihrem Engagement wichtige Brückenbauer.
Mit Blick auf die Flüchtlingshilfe stellte die Studie in Deutschland außerdem fest: Westdeutsche (22 Prozent) engagieren sich im Schnitt häufiger als Ostdeutsche (14 Prozent), Frauen helfen häufiger als Männer - und je besser Ausbildung und wirtschaftliche Lage sind, desto eher ist jemand für Flüchtlinge aktiv. Die Studie zeigt allerdings auch, dass ostdeutsche Flüchtlingshelfer tendenziell mehr Zeit dafür aufbringen als westdeutsche.
Vielleicht hilft das Engagement ja auch dabei, Vorurteile abzubauen: Der Religionsmonitor 2015 der Bertelsmann Stiftung hatte ergeben, 57 Prozent der Deutschen empfänden Muslime als Bedrohung.
Quelle : spiegel.de
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