"Macron schlägt die Welle des Populismus zurück"

  08 Mai 2017    Gelesen: 535
"Macron schlägt die Welle des Populismus zurück"
Große Erleichterung: Nach dem Sieg von Emmanuel Macron bei der französischen Präsidentschaftswahl sehen internationale Politiker Europa gerettet. Andere warnen vor fünf schweren Jahren. Die Reaktionen im Überblick.
Nur wenige Minuten war der Sieg von Emmanuel Macron alt, da kamen schon Glückwünsche aus Deutschland. Sein Erfolg sei ein Sieg für ein geeintes Europa, twitterte der Regierungssprecher Steffen Seibert. Zwei Stunden später telefonierte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem 39-Jährigen. "Die Bundeskanzlerin freut sich darauf, im Geist der traditionell engen deutsch-französischen Freundschaft vertrauensvoll mit dem neuen Präsidenten zusammenzuarbeiten", teilte Seibert anschließend mit.

Die Erleichterung ist groß, dass der Kanzlerin eine Zusammenarbeit mit Marine Le Pen erspart bleibt. Und auch andere Staats- und Regierungschefs zeigen sich erleichtert, dass der pro-europäische Linksliberale bei der Stichwahl am Sonntag mit unerwartet großem Abstand vor der rechtsextremen Kandidatin Le Pen landete. (Lesen Sie den Newsblog zur Wahlnacht hier.)

"Er hat Hoffnung, Zuversicht ausgesprochen", sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Sonntagabend in der Politik-Talkshow Anne Will im Ersten. Die Rechtspopulistin Le Pen dagegen habe stets voller Hass auf Europa argumentiert und habe Sündenböcke für Missstände gesucht. Grünen-Politiker Jürgen Trittin zeigte sich weniger euphorisch. Zwar habe die Mehrheit der Franzosen gegen Rassismus und Protektionismus gestimmt, sagte er. Aber es müsse erschrecken, dass mehr als ein Drittel der Wähler sich für die Rechtspopulistin entschieden habe.

Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Manfred Weber (CSU), erwartet vom künftigen französischen Präsidenten, dass er sein Land fit für die Zukunft macht. "Jetzt muss Frankreich aufholen, muss aufschließen zu den Staaten in Europa", sagte Weber im ZDF-"Morgenmagazin". Das sei dringend nötig nach fünf Jahren des Stillstands unter dem sozialistischen Präsidenten François Hollande. Ifo-Chef Clemens Fuest sagte, wenn es Macron gelinge das Land zu reformieren, werde ganz Europa davon profitieren.

Von einem "großen Sieg" sprach Donald Trump bei Twitter. Der US-Präsident beglückwünschte Macron beim Kurznachrichtendienst und schrieb: "Ich freue mich sehr darauf, mit ihm zusammenzuarbeiten". Trump waren zuvor Sympathien für Le Pen nachgesagt wurden.

Sein Vorgänger Barack Obama, wenngleich nicht mehr im politischen Amt, machte seine Präferenz vor dem Votum klar. In einem Video sagte er, Macron richte sich an die Hoffnungen der Menschen, nicht an ihre Ängste.

Glückwünsche aus Frankreich kamen auch: Der scheidende Präsident François Hollande gratulierte Emmanuel Macron telefonisch zu seinem Wahlerfolg - und wünschte ihm alles Gute. Im August 2014 hatte Hollande den weitgehend unbekannten Politiker in sein Kabinett geholt - nicht einmal drei Jahre später löst Macron seinen Ex-Chef nun ab.

"Partnerschaft auf höheres Niveau bringen"

In der Nacht zum Montag wurde Macron mehrfach an die internationale Verantwortung erinnert, die er als Präsident Frankreichs trägt. Als ständige Mitglieder im Weltsicherheitsrat müssten beide Länder besonders für Frieden und Entwicklung in der Welt einstehen, sagte Chinas Präsident Xi Jinping laut der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua. China sei bereit, gemeinsam mit Frankreich die "umfassende strategische Partnerschaft" auf ein höheres Niveau zu bringen.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu ließ Macron per Mitteilung Glückwünsche ausrichten. "Eine der größten Bedrohungen der Welt ist heute der radikal-islamische Terror, der Paris, Jerusalem und so viele andere Städte auf der Welt heimgesucht hat", sagte Netanjahu. "Frankreich und Israel sind langjährige Verbündete und ich bin sicher, dass wir unsere Beziehungen weiter vertiefen werden."

Der ehemalige Chef der EU-feindlichen britischen Ukip-Partei, Nigel Farage, reagierte hingegen enttäuscht auf den Wahlsieg Macrons. "Emmanuel Macron bietet fünf weitere Jahre des Versagens, Kompetenzübertragung an die EU und offene Grenzen. Wenn Marine Le Pen sich darauf konzentriert, kann sie 2022 gewinnen", schrieb er am Sonntagabend auf Twitter.

Auch in der internationalen Presseschau gibt es skeptische Stimmen. So kommentiert etwa die die konservative französische Tageszeitung "Le Figaro": "Wir sollten uns nicht täuschen: Das Frankreich Macrons, dieses positive, dynamische, reformorientierte Land, das offen für Europa ist, existiert und es ist glücklich über seinen Sieg. Aber es repräsentiert in Wirklichkeit nur ein Viertel der Franzosen." Fast die Hälfte der Bürger zähle zu den Anhängern der Rechtspopulistin Marine Le Pen oder aber des Linkspolitikers Jean-Luc Mélenchon.

Die Franzosen haben mit ihrem Votum die Katastrophe einer Präsidentschaft der Rechtspopulistin verhindert - jetzt brauche Macron aber viel Glück, um Wandel, Wachstum, Einheit und Heilung zu bewerkstelligen, schreibt die britische Tageszeitung "The Guardian".

Die großen Medien in den USA waren sich einiger. "Macron schlägt die Welle des Populismus zurück und sichert sich die französische Präsidentschaft", titelte die "Washington Post". Die "Los Angeles Times" hebt auf die migrationskritische Linie seiner Konkurrentin ab. "Macron widersteht der nationalistischen Anti-Einwanderungskampagne Le Pens, trotz niedriger Wahlbeteiligung und einer Flut von gehackten Dokumenten in letzter Minute." Die "New York Times" hält Macrons Sieg für eine "große Erleichterung für die Europäische Union".

Quelle : spiegel.de

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