Macron fährt zu Merkel – als Freund und Feind

  15 Mai 2017    Gelesen: 902
Macron fährt zu Merkel – als Freund und Feind
Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht in dem neuen französischen Präsidenten Emmanuel Macron wohl auch einen Rivalen, statt nur einen Verbündeten. Dies schreibt die russische Zeitung „Nesawissimaja Gaseta“ am Montag.
Macron, der am Sonntag in den Élysée-Palast eingezogen ist, reist heute zu seinem ersten offiziellen Auslandsbesuch nach Berlin. Für den Wahlkampf Merkels ist das ein PR-Triumph. Bei dem Treffen wird es sich wohl um vorläufige politische Erörterungen handeln, vor allem in Bezug auf die EU-Reform sowie aktuelle internationale Fragen. Bislang gibt es noch zu viele Faktoren der Unbestimmtheit, die von der neuen US-Administration, gefährlichen Spannungen in verschiedenen Regionen der Welt und natürlich auch in Europa erzeugt werden.

Merkel und Macron werden sich sicher vor allem mit Angelegenheiten der EU befassen. Die Verantwortung Deutschlands und Frankreichs nimmt angesichts des Brexits stark zu. Die EU-Reform wird jetzt nicht mehr von 27-Mitgliedsstaaten bestritten. Es gibt zwar viele verschwommene Ideen wie Merkels von den „zwei Geschwindigkeiten“. Macron wird aber sein Programm für die EU-Reform vorstellen, das sich durch konkrete Punkte und Eindringen in Brüsseler Prärogativen kennzeichnet.
Der wichtigste Punkt in Macrons Programm ist die Schaffung des Amtes eines Finanzministers der Eurozone sowie eines gemeinsamen Haushalts der Mitglieder. Der politische Bestandteil besteht in der Kontrolle über den Haushalt, die dem EU-Parlament übergeben werden soll. Das bedeutet, dass beispielsweise der Bundestag einen Teil seiner souveränen Rechte im Finanzbereich verlieren könnte. Die Idee des europäischen Haushalts wird wohl von Italien, Spanien, Portugal, Griechenland und anderer Unzufriedenen mit Merkels Sparstrategie unterstützt werden.

Es gibt auch andere Aspekte, die Merkel und ihr Umfeld zur Zurückhaltung bewegen. Der jugendliche Esprit, das aktive Vorgehen, die Ideen Macrons könnten der „ewigen Kanzlerin“ im europäischen Raum einen Rivalen schaffen. Sie galt als angesehene Figur, doch jetzt bekommen die britische Regierungschefin Theresa May und Macon immer mehr Aufmerksamkeit.
Die Erschütterungen in der EU passen Berlin natürlich nicht. Deutschland versteht, dass man nicht ohne Veränderungen auskommt, möchte aber in einer neuen Instanz vor allem ein Kontrollgremium sehen, dass niemand überhohe Schulden anhäuft. Auf der Titelseite des neuen Spiegel-Heftes ist das Konterfei Macrons mit der Unterschrift “Teurer Freund“ zu sehen. Merkel weiß, dass sich Macron ein anderes Europa wünscht. Sie meinte lange, dass Europa von Berlin aus gesteuert werden könnte. Jetzt will Macron einen europäischen Finanzminister und den Haushalt für die Eurozone und könne sich eine gemeinsame Verantwortung für Schulden nicht vorstellen. Jetzt komme ein Mensch auf die große europäische Bühne, der gleichzeitig Verbündeter und Gegner der Bundeskanzlerin sei, so der „Spiegel“.

Der Berlin-Besuch wird natürlich gut verlaufen. Merkel und Macron haben sich bereits mehrmals getroffen. Am 16. März traf er sich als Präsidentschaftskandidat mit Merkel, zuvor wohnte er französisch-deutschen Verhandlungen bei. Heute werden wohl nur die Verbundenheit zu den europäischen Werten und die enge Kooperation bestätigt. Ein engeres Zusammenwirken wird derzeit durch die kommende Bundestagswahl verhindert. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble sprach sich in Bezug auf den Umgang mit Macron für „Respekt und Zurückhaltung“ aus.
Eine andere Sache sind die Sozialdemokraten. Ihr Kanzlerkandidat unterstützte die europäischen Ideen Macrons. Vizekanzler und Außenminister Sigmar Gabriel stellte am Donnerstag das Memorandum „Élysée-Palast 2.0: Neue Impulse für die deutsch-französische Zusammenarbeit“ vor. Darin geht es unter anderem um einen Haushalt gemeinsamer Investitionen in Forschung, Digitalnetze und Verkehrsinfrastruktur. Zudem wird eine engere Kooperation in der Außenpolitik vorgeschlagen.

Es liegt auf der Hand, dass der Macron-Faktor eines der Hauptthemen im Wahlkampf in Deutschland sein kann.

Quelle. sputniknews.com

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