Die Studienautoren vom Göttinger Institut für Demokratieforschung untersuchten insbesondere zwei Regionen: Die Metropolregion Dresden, konkret die Städte Freital und Heidenau, die im Sommer 2015 mit "asylfeindlichen Protesten" von sich reden machten, sowie den Erfurter Stadtteil Herrenberg, der "seit langem für seine rechtsextreme Szene bekannt ist."
DDR-Erfahrungen prägen
Ursächlich für eine historisch gewachsene Neigung zu Fremdenfeindlichkeit und rechtsextremem Denken in einigen Regionen Ostdeutschlands sei, so die Autoren, ein Ursachenbündel aus erinnerungs- und sozialpolitischen Faktoren. Zu regionalen Faktoren in Teilen Sachsens zähle zudem "die Überhöhung des Eigenen, Sächsischen, Ostdeutschen, Deutschen in Bezug auf die krisenhaft wahrgenommene Aufnahme von Flüchtenden, aber auch auf Migrantinnen im Allgemeinen", heißt es demnach in der Studie, die heute vorgestellt werden soll.
Die Forscher sehen die Wurzeln solcher Einstellungen vor allem in den Erfahrungen der Menschen in der DDR: "Die Sozialisation in einer buchstäblich geschlossenen Gesellschaft wie der DDR kann als ein Faktor für die Erklärung nicht stark genug betont werden", schreiben sie. "Ethnozentrische Weltbilder", die von modernen Rechtsextremen vertreten werden, seien auch deshalb bei älteren Studienteilnehmern weit verbreitet, "weil die Migrationspolitik der DDR auf genau solchen ethnozentrischen Prinzipien basierte: Völkerfreundschaft ja, aber alle Migrantinnen sind als Gäste zu betrachten".
Als einen Schwerpunkt rechter Gesinnung identifizieren die Autoren Sachsens Hauptstadt Dresden: "Auffällig ist, dass antiamerikanische Ressentiments sowie das Misstrauen gegen 'den Westen' in der Region Dresden besonders stark verbreitet sind", schreiben sie. "Die gefühlsmäßige Bindung an Russland und die Ablehnung des US-amerikanischen 'Imperialismus' sind im Raum Dresden historisch gewachsen und überaus stark."
Kein primär ostdeutsches Problem
Die Studie warnt derweil davor, ganz Ostdeutschland über einen Kamm zu scheren. So gebe es Städte und Regionen, die einen Weg eingeschlagen hätten, "an dessen Ende auch Erfolge im ostdeutschen Kampf gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit stehen dürften". Zu nennen seien hier beispielsweise die Städte Jena, Leipzig oder Hoyerswerda.
Überhaupt sei Rechtsextremismus kein reines Ost-Problem, betonen die Autoren. "Es wäre verfehlt, Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und fremdenfeindliche Übergriffe als ein primär ostdeutsches oder gar vor allem sächsisches Problem zu verorten." Gleicke selbst hatte im Bericht zum Stand der deutschen Einheit 2016 festgestellt, dass der Rechtsextremismus Ostdeutschland wirtschaftlich schade; damit hatte sie Diskussionen ausgelöst.
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