Dort, mitten in Rom, werden Sicherheitsleute mit dunklen Sonnenbrillen und Knöpfen in den Ohren aus den Wagen springen, sich kurz umsehen und dann Donald Trump die Tür öffnen. Denn der hat einen Termin beim Chef des Zwergstaates.
Gemeinsam mit Gattin Melania und zwei, drei Hilfskräften wird der US-Präsident laut Zeitplan um 8.30 Uhr Papst Franziskus kennenlernen. Rom ist nach Saudi-Arabien und Israel dritte Station auf Trumps erster Auslandsreise als Präsident.
Er und der Papst hatten schon miteinander zu tun, aber nur aus der Ferne. Franziskus, Oberhaupt von über einer Milliarden Katholiken weltweit, hatte Trumps Plan zum Bau einer gigantischen Mauer zwischen Mexiko und den USA massiv kritisiert. Auf dem Rückflug von einem Besuch in Mexiko sagte er vor Reportern: "Eine Person, die nur daran denkt Mauern zu bauen, wo immer sie auch sein mögen, und nicht daran denkt, Brücken zu bauen, ist kein Christ." Trump, damals noch mitten im Wahlkampf, keilte zurück: Die Aussagen des Papstes seien "schändlich".
Für das erste persönliche Zusammentreffen der beiden erwarten, erhoffen oder befürchten viele nun einen ähnlichen Schlagabtausch. Vermutlich werden sie enttäuscht sein.
Auch wenn Franziskus wie Trump immer für Überraschungen gut ist, spricht vorab alles dafür, dass beide Gemeinsamkeiten suchen werden. Der Amerikaner wird den Palast seines Gastgebers ganz prima finden. Viel Prunk und Gold, wie in Trumps Anwesen Mar-a-Lago in Florida. Die 128 Zimmer-Hütte und die Vintage-Residenz des Papstes - da gibt es doch Anknüpfungspunkte.
Das ist nicht die einzige Gemeinsamkeit: Beide sind entschieden gegen die Abtreibung. Und die strittige Mauer ist derzeit sowieso kein Thema, weil die Mexikaner nicht bereit sind zu zahlen und die knausrigen Kassenwarte im Washingtoner Parlament sich auch zieren. Also verzögert sich der Mauerbau und der Papst muss nicht schimpfen.
Der will ja sowieso viel lieber "über Gemeinsamkeiten sprechen", hat er gesagt, und "Schritt für Schritt" voranschreiten. Falls der Besucher da nicht ohnehin längst abgeschaltet hat - Berichte über Trumps kurze Aufmerksamkeitsspanne gibt es schon länger, unter anderem vom Ghostwriter seines Buches "The Art of the Deal".
Stimmgewaltige Botschafterin
Vielleicht könnte sich der Papst die Aufmerksamkeit des Präsidenten durch gemeinsames Singen sichern. Vorausgesetzt, Callista Gingrich ist dabei. Die soll nämlich US-Botschafterin im Franziskus-Reich werden. Das hat Trump kurz vor seiner Vatikan-Visite enthüllt.
Gingrich hat schon vor zwei Päpsten gesungen: Als Mitglied des Chors an der Basilika des Nationalen Schreins der Unbefleckten Empfängnis in Washington trat sie 2005 zu Ehren Johannes Paul II. auf. Drei Jahre später sang sie auch für Papst Benedikt XVI. während seines USA-Besuchs.
Gingrich, von Freunden Cally Lou genannt, hieß mit Nachnamen Bisek. Sie lebte etliche Jahre "in Sünde", wie es katholische Puristen nennen würden - nämlich in Liaison mit dem anderweitig verheirateten Republikaner-Promi und Ex-Sprecher des US-Repräsentantenhauses Newt Gingrich. Nachdem sie Mrs. Gingrich geworden war, dauerte es noch ein paar Jährchen, bis der Südstaaten-Baptist Newt zum richtigen, also römisch-katholischen Glauben wechselte. Was kann der Vatikan mehr aus den USA erwarten?
Heilen statt streiten
Vielleicht eine ähnliche Wandlung im Hause Trump. Melania Trump schrieb dem Papst, es sei für sie eine große Ehre, ihn zu treffen. Warum sollte es ihr nicht gelingen, ihren Donald (Presbyterianer, also irgendwie evangelisch) ebenso in den richtigen Schoß der Mutter zu bringen, wie es Callista mit ihrem Newt gelang?
Von den sechs zentralen Themen, über die Trump und Franziskus ihre Meinungen austauschen sollen, spricht kaum jemand: Migration, Klimawandel, Armutsbekämpfung, Religionsfreiheit, Lebensschutz und Christenverfolgung. Diese Liste haben Diplomaten beider Seiten in tage- und nächtelangen Sitzungen ausgearbeitet.
Aber wer außer ihnen glaubt, dass Trump über dergleichen reden mag? Und der Papst? Der in einer hochkomplexen Welt, wie er sagt, nicht kritisieren, nicht provozieren, sondern heilen will. Für den trockenen Problemstoff haben beide doch Personal, derlei Themen müssen sie nun wirklich nicht selber miteinander besprechen!
Es sei denn, sie wollen alle überraschen.
Quelle : spiegel.de
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